Das Phantom der Bayreuther Oper

24.7.2016, 12:17 Uhr
Das Phantom der Bayreuther Oper

© Foto: dpa

Wolfgang Wagner war das Gesicht der weltberühmten Bayreuther Festspiele. Derzeit aber fehlt dem Opernhaus ein Wagner-Antlitz. Denn Tochter Katharina, die künstlerische Leiterin, tritt öffentlich nicht auf. Der Grüne Hügel erscheint wie eine Institution ohne Ikone – sie selbst wehrt sich. „Es gibt keine Leitung“, sagt einer, der die Wagner-Familie und die Bayreuth-Szene gut kennt und deshalb – versteht sich – seinen Namen nicht in den Medien sehen will. „Katharina Wagner“, sagt er, „taucht völlig ab.“

Natürlich ist die 38-Jährige nicht ganz weg. Sie inszeniert „Tristan und Isolde“, insofern ist sie da. Nur sichtbar ist sie nicht. Als Festspielleiterin – könnte man meinen – gilt sie als Repräsentantin des wichtigsten Opern-Festivals in Deutschland. Doch sie präsentiert sich kaum mehr, und somit scheint es mit der Repräsentation auch nicht weit her.

Keine Bilder mehr

Blonde Mähne, Fotos im Stil einer Kosmetikwerbung – so zeigte sich Katharina Wagner, nachdem sie 2008 mit ihrer Halbschwester Eva Wagner-Pasquier (71) die Nachfolge ihres Vaters angetreten hat. Dann, drei Jahre später, schrieben die Medien über ihre neue schlanke Figur, und auf dem Staatsempfang zu den Festspielen 2012 feierte sie im Arm von Christian Thielemann. Danach werden die Glamour-Bilder weniger. Aktuelle Fotos von ihr gibt es nicht, schon länger nicht.

Vor zwei Jahren noch war die heute 38-Jährige vereinzelt zu sehen, nicht groß geschminkt, ohne große Gesten. Nach der gefeierten Premiere ihrer „Tristan und Isolde“-Inszenierung im vergangenen Jahr kam sie nur so kurz vor den Vorhang, dass sie dem Blick der meisten entgangen sein dürfte. Dabei fielen die Reaktionen auf ihre düstere Interpretation der tragischen Liebesgeschichte durchaus positiv aus — ganz anders als noch bei ihrer sehr umstrittenen ersten Bayreuther Regie-Arbeit „Die Meistersinger von Nürnberg“ 2007, als sie Uropa Richard mit riesigem Blubberkopf zeigte. In dieser Saison ist Katharina Wagner noch nicht in Erscheinung getreten.

Heute, sagt sie selbst, „kollidieren Arbeits- mit Repräsentationsinteressen“. Sie moderiert die Kino-Übertragung der Wagner-Opern und könne nicht zeitgleich Gäste begrüßen. Die Rollen, die ihres Vaters und ihre eigene, seien nicht mehr vergleichbar. Spekulationen über einen Rückzug aus dem öffentlichen Augenmerk sind für sie damit erledigt. Dabei ist sie tatsächlich mächtiger als je zuvor.

Seit dem Abschied ihrer Halbschwester im vergangenen Jahr ist Katharina alleinige Vertreterin des Wagner-Clans im Festspielhaus. Alleinige Geschäftsführerin ist sie allerdings nicht. Zusammen mit ihr steht ein Neuer an der Spitze, Holger von Berg – er ist seit April dieses Jahres für das Kaufmännische zuständig.

Für die Außenwirkung der Festspiele spielen Persönlichkeiten eine wichtige Rolle, nicht anders als etwa bei einem Bundespräsidenten. Den übrigens – Joachim Gauck – begrüßten Katharina und Eva Wagner-Pasquier nicht vor dem Portal, als er 2013 zum Festspielauftakt kam.

Doch neben von Berg und Katharina Wagner gibt es noch jemanden: Musikdirektor Christian Thielemann. Der Vertrag des Dirigenten, seit vergangenem Sommer im Amt, läuft bis 2020, wie der von Katharina. Die machte zwar prompt klar, dass Thielemann nicht zur Leitung gehöre. „Thielemann ist Neben-Intendant“, sagt dazu aber der Wagner-Kenner, der anonym bleiben möchte. „Er soll Glanz und Kompetenz verleihen.“

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