Der große Alleskönner des Jazz

6.5.2016, 13:24 Uhr
Der große Alleskönner des Jazz

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Die Musik von Klaus Doldinger kommt seit Jahrzehnten am Sonntag um 20.15 Uhr in die Wohnzimmer der Deutschen. Wie das Augenpaar im Fadenkreuz des Trailers gehört seine Titelmelodie zum „Tatort“-Krimi. Es ist die bekannteste der vielen Film-Kompositionen, die der große Jazz-Musiker als unentwegter Gratwandler zwischen den Genres geschrieben hat.

„Ich hatte das Glück, Melodien zu erfinden, die bei den Menschen hängen bleiben“, sagt der in Berlin geborene und heute in Icking bei München lebende Komponist, Saxofonist und Bandleader von „Passport“. „Für mich war es entscheidend, dass man meine Stücke auch mal nachpfeifen und nachsingen kann.“

Neben dem „Tatort“-Evergreen schrieb Doldinger die Musiken zu Filmen wie „Das Boot“, „Die Unendliche Geschichte“ und „Salz auf meiner Haut“ oder Fernsehserien wie „Liebling Kreuzberg“, „Wolffs Revier“ und „Alles außer Mord“. Berühmt als Musiker wurde er jedoch mit seiner 1971 gegründeten Band Passport, deren erster Schlagzeuger Udo Lindenberg war, und für den Doldinger der „Jazz-Gott“ ist.

Berührungsängste zwischen Kunst und Kommerz hatte Doldinger nie. „Es war ein Thema, aber man kann nicht einfach nur ein Register ziehen“, erklärt er. „Für mich war es immer wichtig, mit dem einen oder anderen Erfolg zu haben. Und ich hatte das Glück, damit existieren zu können.“ So machte er schon zu Beginn seiner Karriere neben ambitioniertem Jazz unter dem Pseudonym Paul Nero auch Schallplatten, die sich „an internationalen Hitparaden“ orientierten.

Neues Album

Rechtzeitig zum 80. Geburtstag ist das 35. Passport-Album („Doldinger“) mit einigen Lieblingsstücken unter seinen annähernd 350 Kompositionen – insgesamt schrieb er rund 2000 Stücke – für die Band erschienen. Neu eingespielt hat er sie mit Gaststars wie Dominic Miller (dem Gitarristen von Sting), Nils Landgren, Max Mutzke, Sasha, Helge Schneider und Udo Lindenberg.

Während seiner fast 65-jährigen Karriere hat Doldinger, der bei der Düsseldorfer Dixieland-Band The Feetwarmers als Klarinettist begann und 1960 die erste eigene Band (Oskar’s Trio) gründete, mit Passport zwischen Avantgarde und Mainstream viel ausprobiert.

Jazz, Rock, Blues und Soul sind genauso Quellen der Doldinger-Musik wie experimentelle elektronische Klänge und lateinamerikanische Rhythmen. Alben wie „Handmade“, „Cross-Collateral“, „Running In Real Time“ oder „Passport to Paradise“ gehören zu den Klassikern des Jazz.

Der gelernte Tontechniker Doldinger ist nicht nur gern im Studio, sondern auch ein leidenschaftlicher Bühnenmensch, der mehr als 5000 Konzerte gegeben hat. „Früher haben wir bei 60 bis 70 Veranstaltungen gespielt, heute sind es 30 bis 40. Das reicht völlig“, meint er.

Bereits 1960 tourte Doldinger durch die USA und wurde zum Ehrenbürger von New Orleans ernannt. Danach reiste er als „Botschafter des deutschen Jazz“ für das Goethe-Institut durch rund 40 Länder. „Alles hat sich peu à peu ergeben. Ich hatte Glück en gros“, resümiert Doldinger. „Es gibt keine unerfüllten Wünsche“ – wohl aber das Gefühl, dass die Zeit bis zum 80. Lebensjahr verflogen ist. „Ich kann das gar nicht glauben.“

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