Der Regisseur als Fotokünstler

7.3.2013, 13:26 Uhr
Der Regisseur  als Fotokünstler

© Nuri Bilge Ceylan / Kunst- und Kulturquartier

Für Cineasten ist Nuri Bilge Ceylan kein Unbekannter. Seine episch-elegischen Filme „Uzak“, „Jahreszeiten“ oder zuletzt „Es war einmal in Anatolien“ sorgten nicht nur bei den Festspielen in Cannes für Aufsehen und heimsten etliche Preise ein. Auch beim Nürnberger Filmfestival Türkei/Deutschland (das in diesem Jahr am 14. März startet) war Ceylan wiederholt zu Gast. In Zusammenarbeit mit dem Filmfest wird der 54-jährige Regisseur, der gerade in seiner Heimat dreht, im Kunsthaus als Fotograf vorgestellt. Und seine Aufnahmen — die allesamt weit ab von touristischen Sehenswürdigkeiten und teils auf der Suche nach Drehorten zwischen Istanbul und Anatolien entstanden — tragen ganz eindeutig die Handschrift von einem, der sich mit der Inszenierung von Bildern auskennt.

Nuri Bilge Ceylans Arbeiten sind nicht nur im extremen Cinemascope-Querformat aufgenommen, sie wirken zudem so lebendig als wären sie direkt aus einem Film geschnitten worden. Wer sich Zeit nimmt, kann unglaublich viel auf ihnen entdecken, sich sogar ganze Geschichten dazu denken. Nicht umsonst hat Matthias Strobel, Direktor des KunstKulturQuartiers und Ausstellungs-Kurator, der Schau den Titel „Es war einmal in...“ gegeben.

Verbindlicher Blick

Menschen für die Geschichten gibt es auf den Bildern reichlich. Ceylan zeigt sie mal im Close-up-Porträt, mal in der Ferne — und immer in ihren eher bescheidenen, bäuerlichen Verhältnissen, wo sie mit der Natur und ihren Tieren leben. Den Betrachter schauen sie dennoch meist selbstbewusst, direkt und verbindlich an, ja sie scheinen ihn mit ihrem Blick gleichsam ins Bild ziehen zu wollen.

Da ist zum Beispiel das Mädchen, das im tiefsten, weiten Anatolien vor einer einfachen Hütte steht. Es wird von seiner Schwester beobachtet, weit im Hintergrund schichtet ein Bauer in geradezu theatralischer Pose einen Heuhaufen auf. Wie die meisten Arbeiten besticht auch diese Fotografie durch strenge formal-perspektivische Komposition, matte Farbigkeit und die vom Vorder- bis in den Hintergrund hinein scharfe, beinahe plastische Szenerie. Auf diese Weise lenkt Ceylan den Blick geschmeidig von der Nähe in die Ferne und wieder zurück.

Entstanden sind die rund 50 gezeigten Aufnahmen zwischen 2003 und 2009. Dennoch wirken manche wie aus vergangener Zeit und so unwirklich wie Filmkulissen. Wie in vielen türkischen Leinwandwerken spielt auch in Ceylans Bildern der Winter eine große Rolle. Im verschneiten, grauen und alten Istanbul sieht man die Schneeflocken fallen, Reifenspuren im Schnee wirken wie mit dem Pinsel gezogen. Ein anderes Bild zeigt einen kleinen Hafen, eine Schubkarre mit Feuer ersetzt das Licht und die Wärme der Sonne. Nein, unbeschwert und heiter sind diese Bilder nicht, doch sie faszinieren durch ihre Brillanz, Melancholie und ihre mystisch verwunschene Schönheit.

Kunsthaus, Königstr. 93. Bis 5. Mai. Di., Do.—So. 10—18, Mi. 10—20 Uhr. Im Rahmen der Ausstellung werden im Filmhaus alle Filme Nuri Bilge Ceylans gezeigt. Am 13. April gibt es einen Workshop in Panorama-Fotografie. www.kunsthaus-nuernberg.de

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