Der schwedische Krimischriftsteller Henning Mankell ist tot

5.10.2015, 16:08 Uhr
Der schwedische Krimischriftsteller Henning Mankell ist tot

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Der schwedische Krimi-Autor Henning Mankell ist tot. Der Schöpfer der Geschichten um den mürrischen Kommissar Kurt Wallander starb am frühen Montagmorgen im Alter von 67 Jahren in Göteborg, wie der Hanser Verlag in München mitteilte. Ende 2013 war der rastlose Schreiber, Afrika-Liebhaber, Opern-Fan und streitbare Friedenskämpfer an Krebs erkrankt.

"Henning Mankell war einer der großen schwedischen Schriftsteller, geliebt und gelesen hier zu Hause und in der ganzen Welt", teilte der Leopard Verlag in Stockholm mit. "Durch sein Schreiben ging wie ein roter Faden die Solidarität mit den Schwachen und Verletzlichen." Mankell hatte den Verlag 2001 gemeinsam mit Dan Israel gegründet.

Der 67-Jährige kämpfte schon lange mit seiner Krankheit

Seine Krankheit hatte der 67-Jährige in der erst kürzlich in Deutschland erschienenen Autobiografie "Treibsand" verarbeitet. "Der Tod kommt immer als ungebetener Gast und stört. "Zeit zu gehen." Keiner will sterben, weder jung noch alt. Sterben ist immer schwer", konstatierte Mankell darin. Und in einer Kolumne für die Zeitung "Göteborgs Posten" schrieb er: "Ich höre Menschen sagen: "falls" ich sterbe, aber zum Teufel, es heißt "wenn" ich sterbe - der Tod ist das einzige, dessen wir uns ganz sicher sein können."

Kult waren seine Wallander-Krimis, die ihm Auflagen in schwindelnden Höhen bescherten. Der Kommissar aus Ystad katapultierte seinen literarischen Vater regelmäßig an die Spitze von Bestsellerlisten und machte ihn zu einem der meistgelesenen Krimi-Autoren weltweit. Allein von den deutschen Übersetzungen der Reihe wurden nach Angaben von Hanser bislang mehr als 15 Millionen Bücher, Hörbücher und Sonderausgaben verkauft.

"Türöffner für den skandinavischen Krimi im Rest der Welt"

Krimis aus Skandinavien - für viele Leser vor allem in Deutschland ein Qualitätsmerkmal. Mankell sei ein "Türöffner für den skandinavischen Krimi im Rest der Welt" gewesen, betonte der Norweger Autor Jo Nesbø, der mit dem Polizisten Harry Hole ("Koma") selbst eine beliebte Ermittlerfigur geschaffen hat. Und Håkan Nesser würdigte Mankells großes, konsequentes Engagement. "Wäre die schwedische Kriminalliteratur ein Reich, dann hätte Henning Mankell Präsident sein sollen", sagte der schwedische Krimi-Autor ( (65) der Zeitung "Dagens Nyheter".

Für die Hamburger Autorenvereinigung war der Verstorbene gar ein Meister des Krimi-Genres. Nach Edgar Wallace und Agatha Christie habe er dieser Literaturgattung neues Leben eingehaucht. So beliebt war Mankell, dass das deutsche Fernsehen nicht nur seine Wallander-Krimis verfilmte, sondern die ARD ihm ihre Traditions-Krimireihe "Tatort" anvertraute. Drei Mal lieferte Mankell die Vorlagen für eine Folge rund um den Kieler Ermittler Klaus Borowski alias Axel Milberg - der dritte Film soll im Frühjahr 2016 im Ersten laufen. "Henning Mankell hat den NDR-Tatort aus Kiel geprägt», sagte der ARD-Vorsitzende und NDR-Intendant Lutz Marmor. "Wir werden Henning Mankell als großartigen Erzähler vermissen."

"Henning war einer meiner ersten Krimi-Idole"

Mankells Lebenswerk auf Wallander zu reduzieren, greift zu kurz. Der Schwede verfasste Romane zu vielen anderen Themen, schrieb fürs Fernsehen und fürs Theater - insgesamt rund 40 Werke, die weltweit eine Gesamtauflage von mehr als 40 Millionen Exemplaren erreichten, davon allein 20 Millionen im deutschsprachigen Raum.

Der Münchner Hanser Verlag würdigte seinen prominenten Autor: Nicht nur sein Werk, auch sein persönliches Engagement habe im Zeichen der Solidarität gestanden. In seiner Heimat Schweden löste sein Tod große Trauer aus, so etwa bei dem TV-Schauspieler Krister Henriksson, der im Fernsehen Kommissar Kurt Wallander spielte: "Ich fühle einfach eine große, unendliche Leere. Weil Henning einen großen Platz in meinem Leben einnahm", sagte er der Zeitung Expressen. "Wir waren sehr, sehr gute Freunde." Die Krimiautorin Camilla Läckberg vermisst ein wichtiges Vorbild: "Henning war einer meiner ersten Krimi-Idole, er hat mir den Weg gewiesen, wie vielen nachfolgenden Krimiautoren".

Neben der Schriftstellerei war Mankell - in dritter Ehe mit Eva Bergman verheiratet, Tochter von Filmregisseur Ingmar Bergman - politisch aktiv. Eines seiner wichtigsten Anliegen: der Kampf gegen Armut und Analphabetismus in Afrika, neben Schweden seine zweite Heimat. Einen Teil des Jahres lebte er in Maputo in Mosambik und übernahm dort 1987 die Leitung des von ihm aufgebauten Theaters Teatro Avenida. Viele seiner Bücher haben einen Bezug zum afrikanischen Kontinent, der ihn faszinierte. Auch für Aidskranke und ihre Familien setzte er sich ein, wie das Kinderhilfswerk Plan International hervorhob. Mankell habe die große Gabe besessen, auf die Menschen zuzugehen und sie auf Armut, Diskriminierung und Missstände gerade für Kinder in Afrika aufmerksam zu machen, teilte das Hilfswerk mit.

Solidarisch zeigte sich der überzeugte Sozialist auch mit den Palästinensern. So war er 2010 an Bord einer "Gaza-Hilfsflotte", die Hilfslieferungen in den von Israel blockierten Gazastreifen bringen wollten. Mit israelischen Soldaten kam es zu einer blutigen Auseinandersetzung, bei der neun türkische Mitreisende starben.

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