Der Trainer hat ein vielversprechendes Team aufgestellt

5.11.2010, 19:01 Uhr
Der Trainer hat ein vielversprechendes Team aufgestellt

© Michael Matejka

Es sind oft spezielle Begegnungen zwischen dem Fußball und der Kunst. Ex-Nationaltorwart Toni Schumacher zum Beispiel hat mal versucht, zu lesen: Handke, die Angst des Tormanns beim Elfmeter – und war irritiert. Es sei ja, sagte er, gar kein Fußballbuch.

Hans Meyer kennt ähnliche Geschichten. In der Eremitage von Sankt Petersburg hat er vor wichtigen Europacupspielen zwar gelegentlich auch Fußballfans getroffen, aber deren Sinn für Kunst, erzählt Meyer, sei dann doch eher praktisch gewesen. So teure Bilder, das machte Eindruck, denn: „Was für tolle Fußballer man dafür kaufen könnte“.

Fußballspieler kauft die Nürnberger Sparkasse nicht, aber jährlich sieben Werke von Studenten der Akademie der Bildenden Künste. Ein Prominenter sucht sie aus, diesmal war es Hans Meyer, einer der profiliertesten deutschen Fußballtrainer, der 2007 ein besonderes Kunstwerk in die Stadt brachte: den goldenen DFB-Pokal für den 1.FC Nürnberg. In der Zusammenstellung von Fußballteams hat Meyer ein überragendes Gespür; und weil er sich privat, wie er zur Vernissage in der Kundenhalle des Geldinstituts am Lorenzer Platz erklärte, „wie hunderttausend andere Menschen für Kunst interessiert“, hoffte die Akademie davon zu profitieren.

Gelungene Symbiose

„Er kann sehr gut Entscheidungen treffen“, erklärte Akademie-Präsident Ottmar Hörl, der ansonsten jedoch mit einer überraschend umfassenden Ahnungslosigkeit kokettierte; neben dem Fußball schloss Hörl für sich selbst die Kunst gleich mit ein. Es blieb also Hans Meyer vorbehalten, diese Symbiose zu befruchten. Und es gelang. „Eine gute Auswahl“ bescheinigte Studentin Anita Blagoi dem ihr vorher unbekannten Kenner beider Welten – was ihr natürlich leichtfallen konnte, denn von Anita Blagois berührendem Ölgemälde „Kniende“ war Hans Meyer besonders beeindruckt.

Das Bild der Gelegenheits-Fußballfreundin („Alle vier Jahre, wenn eine WM stattfindet“) vereinnahmt aber in der Tat sehr, genauso wie die „Skulptur ohne Titel“ des Ansbacher Bildhauers Stefan Schindler: ein Vogelmensch ohne Füße, dem „Bodenhaftung und die Erfahrung höherer Ziele fehlen“, wie der Künstler erklärt – es könnte im weitesten Sinne an manchen Fußballprofi erinnern, nur wären solche Zusammenhänge jetzt natürlich arg konstruiert. Obwohl: Ein ausgewählter Künstler, Andrea Barzaghi aus Monza, heißt fast genauso wie einer der italienischen Fußball-Weltmeister von 2006: Andrea Barzagli.

Neue Blickwinkel

Und man darf an alles mögliche denken beim Betrachten zeitgenössischer Kunst, sie eröffnet neue Blickwinkel, das macht sie so spannend. Den „Beginn eines Dialogs“ erlebte Hans Meyer beim Betrachten der facettenreichen Tuschezeichnung „Porträt“ von Yvonne Degrell, die 2009 bereits mit dem Kunstpreis der Nürnberger Nachrichten ausgezeichnet wurde.

Der Dialog glückte. Meyer hat, zu besichtigen bis Ende des Monats, ein vielversprechendes Team zusammengestellt, das er mit Worten von Karl Marx auf den Lebensweg schickte: Zuerst essen, trinken, sich kleiden – und dann an die Kunst denken. Ein Anfang ist gemacht. „Ob ein künftiger Weltstar dabei ist“, sagte Ottmar Hörl, werde man noch sehen, „wichtig ist es aber, die Talentförderung zu verstärken“ – womit, zum guten Schluss, Kunst und Fußball doch vollkommen eins waren.