Der «Unruhestand» eines Amerikaners in Nürnberg

15.9.2008, 00:00 Uhr
Der «Unruhestand» eines Amerikaners in Nürnberg

© HvD

Dass der musikalische Amerikaner in Deutschland «hängen blieb», hatte persönliche und künstlerische Gründe: «Am 14. Juli 1958 um 12 Uhr mittags meldete ich mich zum Probespiel für die Stelle des ersten Konzertmeisters des Fränkischen Landesorchesters», erinnert sich Oliver Colbentson.

Super Referenzen

Seine Referenzen waren ausgezeichnet: Von 1954 bis 1958 war er Konzertmeister im Orchester der renommierten New Yorker Metropolitan-Oper gewesen. Die beiden Orchester-Intendanten Wilhelm Luther und Georg Trummeter gestanden dem Violinvirtuosen zu, oft und regelmäßig solistisch aufzutreten. So wurde Oliver Colbentson Konzertmeister bei dem Orchester, aus dem später die Nürnberger Symphoniker entstanden. Auf der Suche nach einer Wohnung traf der Neu-Nürnberger am 15. September 1958, also heute vor 50 Jahren, Rose Wohlers, die seine Ehefrau und Konzertagentin wurde und mit der er bis zu ihrem Tod 2002 verheiratet war. Im selben Jahr lernte Oliver Colbentson auch den Pianisten und Klavierdozenten Erich Appel kennen, der schnell zu seinem Stammpartner für Kammermusik wurde.

Eine Reihe von LPs und CDs zeugt von der bis heute andauernden Zusammenarbeit des Duos. Die Liste jener Künstler, mit denen Colbentson im Laufe seines Lebens musizierte, liest sich wie ein «Who is Who» der Klassikszene. Manche Begegnung gestaltete sich schwierig. So wollte der Dirigent und Komponist Hermann Scherchen das Paganini-Violinkonzert nicht proben, «weil er das Stück nicht mochte», erzählt Colbentson.

Durch das dennoch erfolgreich über die Bühne gebrachte Konzert wurde die Leitung des Nürnberger Meistersinger-Konservatoriums auf Colbentson aufmerksam - was ihm eine 31 Jahre währende Dozentur einbrachte.

Immer noch aktiv

Bis heute ist Oliver Colbentson als Solist aktiv. Am 26. September spielt er mit dem Pianisten Paul Sturm in Bad Windsheim, am 11. Oktober mit seiner Dozentenkollegin Annie Gicquel am Piano in Kassel.

Zwischendurch probt er mit seiner Repetitorin und «Einspringbegleiterin» Karin Wilfling Kammermusikstücke wie die ihm gewidmeten «Three pieces for violin & piano» des Erlanger Neutöners Werner Heider. «Spielen heißt für mich leben», sagt Oliver Colbentson und vertieft sich in eine neue Partitur, die vor ihm liegt.