Die "letzte Nacht" steht noch aus

14.5.2017, 18:04 Uhr
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© Foto: Günter Distler

Mit Standing Ovations nahm das Nürnberger Publikum Abschied von Alexander Shelley bei seinem letzten sinfonischen Konzert in der ausverkauften Meistersingerhalle. Eine Sympathiebekundung auf Gegenseitigkeit, hatte der scheidende Maestro schließlich zuvor seine Nürnberger Hörergemeinde als das beste Publikum der Welt bezeichnet.

Dass Alexander Shelley – wie mehrfach berichtet – fortan seine Karriere in Ottawa (Abiturienten aufgepasst: Das ist die Hauptstadt von Kanada) am dortigen National Arts Centre und mit dessen Symphonischen Orchester fortsetzt, war Endpunkt einer längeren Entwicklung: Bereits 2015 hatte das Orchester den Engländer zu seinem Chefdirigenten erkoren.

Dieser Aufbruch in die neue Welt wurde im Abschlusskonzert mit DvoÝáks 9. Sinfonie mustergültig symbolisch untermauert. Das Wunschstück des Publikums geriet unter seinem Dirigat ein letztes Mal zum meisterlichen Exempel, wie wunderbar transparent und rhythmisch schwungvoll Shelley in vollendeter Eleganz durch die Partitur führen kann. Holz- und Blechbläser dankten es an diesem Abend mit Höchstleistungen. Die müssen allerdings auch die Tonmeister des Bayerischen Rundfunks erbringen , wenn sie die lyrischen Passagen des zweiten Satzes von den Hustenorgien säubern, die bedauerlicherweise über dieses musikalische Idyll hereinprasselten.

Alexander Shelley hat nicht nur musikalische Spuren hinterlassen, sondern durch die sympathische Personalisierung im Marketing wie auch durch die offene Hinwendung zum Publikum den Mehrwert "seiner" Symphoniker erhöht. Davon wird auch sein Nachfolger Kahchun Wong ab der Saison 2018/19 profitieren.

Zum musikalischen Vermächtnis gehören auch Shelleys CD-Einspielungen, an die er mit der Einladung der Schumann-Brüder, dem Violinisten Erik und seinem Bruder Mark am Cello, anknüpfte. Gemeinsam hatte man vor drei Jahren Brahms’ letztes Werk, dessen Doppelkonzert op. 102, eingespielt. Brahms’ Idee, die Stimmen der beiden Streichinstrumente zu einer "Riesengeige" zu formen, erhielt vor dem Hintergrund dieses glänzend aufeinander eingespielten Brüderpaares noch eine zusätzliche Dimension.

Bekanntlich sieht man sich ja immer zweimal: So es die Wetter- wie die Sicherheitslage zulässt, wird Shelley die Symphoniker zum letzten Mal beim Klassik Open Air am 5. August im Luitpoldhain unter dem Motto "Last Night" dirigieren. Wenn es am schönsten ist, soll man gehen, empfiehlt ein Sprichwort. Intendant Lucius A. Hemmer erinnerte in seiner kurzen Dankesrede daran mit einem Anflug von Wehmut.

BR-Klassik sendet einen Mitschnitt des Konzertes am Dienstag, 16. Mai um 20 Uhr in der Reihe "Konzertabend"

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