Die zwei Seiten von Jan Josef Liefers

14.3.2018, 11:36 Uhr
Die zwei Seiten von Jan Josef Liefers

© Foto: Roland Fengler

Mit roten Koffern kommen die vier Bandkollegen von Jan Josef Liefers auf die Bühne. Nachdem sie ihr Gepäck abgestellt haben, stimmen sie "Abendlied" aus ihrem neuen Album "2 Seiten" an. Dann erst betritt Liefers selbst die Bühne – schwarzer Overall, schwarzer Hut und ebenfalls einen roten Koffer in der Hand. Auf der riesigen Leinwand hinter der Bühne hebt ein Flugzeug ab. Dazu singt Liefers "Wer kommt, wer geht, wer bleibt, das letzte Flugzeug fliegt nach Haus."

Auch der nächste Song passt zum Flughafen-Setting am Beginn des zweistündigen Konzertes: "Komm mit mir auf Reisen, damit wir bleiben, wer wir eigentlich sind." Fast alle Lieder der neuen Platte richten sich an eine imaginäre Partnerin, sprechen von Liebe und dem Mäandern zwischen Annäherung und Auseinandergehen im Liebesleben des modernen Menschen. Liefers gesteht, dass die Musik zu vier Fünfteln die Absicht habe, "die Dame zu beeindrucken" und liefert damit die Erklärung, warum andere Themen nur wenig Raum in seinen Texten finden.

Den Titel-Song "2 Seiten" kündigt Liefers mit der politischen Botschaft an, man müsse auch mal die Perspektive wechseln, anstatt sich gegenseitig anzufeinden, wie es in Deutschland aktuell der Fall sei. Seine Oma habe ihm diese Binsenweisheit mitgegeben – und er legt sie dem Nürnberger Publikum ans Herz. Was folgt, ist kein politischer Text, sondern der Appell, hinter die Fassaden des Gegenübers zu schauen.

Musikalisch überzeugt "2 Seiten" vor allem dank des poppigen Schlagzeugs und des Westerngitarren-Sounds. Abgelenkt wird der Zuhörer durch die pink-gelbe Pop-Art-Grafik im Bühnenhintergrund. Sie zeigt einen Riesenapfel, der sich in zwei Hälften teilt und in der Mitte ein menschliches Herz trägt.

Von der Reizüberflutung erholen kann sich das Publikum beim Umbau für die nächsten Songs. Nach der kleine Pause sitzen die fünf Musiker mit Akustikgitarre, Akustikbass und Akkordeon am vorderen Bühnenrand. Diesmal unterstreichen Hintergrundbild und Beleuchtung die intime Atmosphäre. Glühbirnen mit gedimmten Leuchtfäden sind zu sehen, das gedämpfte orangefarbene Licht lässt Lagerfeuerromatik aufkommen. Es folgen Lieder, die mit Banjo, Daf, einer persischen Rahmentrommel, Shaker und Ukulele instrumentiert angenehm international anklingen. "Radio Doria" hat zudem einen Song extra für das Nürnberger Publikum geschrieben und sorgt mit Anspielungen auf die Nürnberger Bratwurst und den 1. FCN für Lacher. Spätestens jetzt entsteht eine Wohlfühlatmosphäre im Saal, Band und Publikum haben sich aufeinander eingespielt.

Mit dem letzten Lied "Jeder meiner Fehler" plädiert Liefers noch einmal für Verständnis, und nachdem die Band gemeinsam die virtuelle Riesenkerze auf der Leinwand ausgepustet hat, gehen alle zufrieden nach Hause.

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