Dirigent Issak Tavior im NZ-Gespräch

26.1.2010, 00:00 Uhr
Dirigent Issak Tavior im NZ-Gespräch

© NZ-Archiv

Issak Tavior: Das ist ein historisches Ereignis. Erstmals nehmen Musiker aus Israel und Deutschland gemeinsam am Internationalen Holocaust-Gedenktag teil. Und es macht das Ereignis noch bemerkenswerter, dass die Musiker aus Jerusalem, Nürnberg und Bayreuth sind. Für mich persönlich geht es um die Werte Frieden und Toleranz, die meine Musik zum Ausdruck bringt – auf der Grundlage des Bibeltextes.

NZ: Ihre Komposition «The Last Days to Come« wird bei dem Gedenkkonzert uraufgeführt. Ist es richtig zu sagen, dass Sie darin eine Hoffnung auf Frieden ausdrücken?

Tavior: Es ist mehr als die Hoffnung auf Frieden. Es ist eine Prophezeiung dessen, was kommen wird. Allerdings nicht auf einem so einfachen Weg, wie es geschrieben steht.

NZ: Was sind Ihre Vorbilder beim Komponieren. Was inspiriert Sie?

Tavior: Die Heilige Bibel ist meine Inspiration. Die Texte erschaffen die Musik. Die Musik, die dazu in mir entsteht, kann ich niemals mehr ändern.

NZ: Glauben Sie, dass Musik eine reelle Möglichkeit bietet, damit sich Menschen oder gar Nationen besser verstehen?

Tavior: Musik und die Künste haben schon immer Künstler zusammengebracht, um etwas zu erschaffen, und andere Menschen, um daran Gefallen zu finden. So werden Grenzen zwischen Menschen überwunden.

NZ: Im Jahr 2005 haben Sie in Bayreuth den Zamir Chor gegründet. Wie kam es dazu? Und wie oft sind Sie in Bayreuth?

Tavior: Ich habe damals die Sopranistin Barbara Baier kennengelernt und mit ihr in einem Konzert gespielt. Sie lebt und arbeitet in Bayreuth. Daraus hat sich dann die Idee entwickelt, dass sie aus ihren Schülern und anderen Sängern einen Chor formt. In den letzten fünf Jahren war ich jeweils vier bis fünf Mal in Bayreuth – für Proben und Konzerte.

NZ: Bayreuth ist die Stadt Richard Wagners und der Wagner-Festspiele. Wagner ist bekannt für seine antisemitischen Äußerungen und Einstellungen. Was denken Sie über ihn?

Tavior: Als Komponist und Musiker ist Wagner großartig. Jedoch können wir Juden seine Musik nicht genießen. Wir müssen dabei Rücksicht nehmen auf die Überlebenden des Holocaust. Deshalb wird Wagners Musik nicht in offiziellen Konzerten in Israel gespielt.

NZ: Sie leben in Israel. Glauben Sie, dass Israel eine reelle Perspektive für Frieden innerhalb der nächsten Jahre hat – oder in der weiteren Zukunft?

Tavior: Nun, dass ist eine politische Frage und eine, die die Welt analytisch betrachtet. Ich halte mich lieber an Visionen und Prophezeiungen.

Zur Person: Der Komponist Issak Tavior wurde 1943 in Haifa/Israel geboren und studierte Klavier und Dirigieren in Israel, London und der Schweiz. Er war Leiter des Galiläa-Orchesters, spielte als Konzertpianist mit bedeutenden Orchestern, war Dozent für Musikgeschichte an der Universität Haifa und ist seit 1980 musikalischer Direktor des Hemdat-Yamin-Musiccenters. Im Jahr 2005 gründete er in Bayreuth den Zamirchor, der jüdisch-deutsche Begegnungen fördert und auch morgen bei dem UN-Gedenkkonzert dabei ist.

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