Durch die Nacht ins Licht

28.1.2018, 18:56 Uhr
Durch die Nacht ins Licht

© Foto: Julia Stix

Kaum zu glauben, dass sowohl Arnold Schönbergs "Verklärte Nacht" als auch Luciano Berios sensible Orchesterfassung von Brahms‘ f-moll-Klarinettensonate bislang noch nicht zum Portfolio der Symphoniker gehörten. Zeit wurde es. Der österreichische Kapellmeister Christoph Campestrini war herbeigeeilt, fasste vor dem Dirigat das Programmheft in drei überflüssigen Sätzen zusammen und leitete mit eminentem körperlichen Aufwand Schönbergs flirrende Vertonung eines Dehmel-Gedichts.

Ungewohnt extreme Arbeitsbedingungen für die Symphoniker in einer beachtlich gut gefüllten Meistersingerhalle: Das Licht gelöscht bis auf die Notenpult-Beleuchtung. Ja, in dieser "verklärten" Nacht lustwandeln zwei Verliebte durch einen Wald. Sie trägt ein Kind unter ihrem Herzen, das nicht von ihm ist, und er schwört großherzig, dem Nachwuchs ein guter Vater zu sein. Diesen Nachtgang vollzieht das Orchester in fulminant irisierender Fin-de-siècle-Schwüle nach und erzielt damit ein nachdrückliches Plädoyer für das Instrumentalpoem.

Auf diesem 1a-Niveau ging es weiter: Daniel Ottensamer, immerhin Soloklarinettist der Wiener Philharmoniker, verkörperte mit eloquentem Ton und expressiver Farbigkeit, dass die Kammermusik des späten Brahms eigentlich eine orchestrale ist. Kompositorisch war Brahms nie verdichteter und experimentierfreudiger, was allerdings nicht in erster Linie der Hörerfreundlichkeit diente. Dafür brachte es ihm die Bewunderung Schönbergs ein, der in Stücken wie diesen "Brahms, den Fortschrittlichen" ausmachte. Und Luciano Berios nun auch schon 30 Jahre alte Bearbeitung hat nichts an Raffinesse eingebüßt und das Stück verdienstvoll vom Salon in die großen Hallen geholt.

Ohne Aufhorch-Effekt

Bliebe noch das optimistisch-heitere Finale von Brahms-Entdecker Robert Schumann: Seine "Rheinische Sinfonie" gehört zu dem Lebensbejahendsten aus der Feder des früh verstorbenen Komponisten überhaupt. Das alles wurde im Mainstream-Profil ordentlich vom Orchester nachgezeichnet, mit herrlichen Bläser-Chorälen und sattem Streicher-Brio. Aber man vermisste jene Akzente, die ein so oft gespieltes Stück einfach mit einem Aufhorch-Effekt versehen würden. Andererseits: Mit Schönberg und Brahms hatte das Orchester als eigentlicher Star des Abends schon eine Menge an künstlerischem Esprit verströmt. Da darf es dann bei Schumann schon mal routinierter zugehen.

Nächstes Symphoniker-Konzert: 4. Februar, mit Maximilian Hornung (Cello) und Leoš Svárovsky (Dirigent): Tel. 09 11 / 4 74 01 54.

Keine Kommentare