Ein Fest für Schauspieler

17.12.2017, 16:33 Uhr
Ein Fest für Schauspieler

© Foto: Marion Bührle

 

"Die Liebe ist am schönsten, wenn sie kompliziert ist", heißt es in "Die Wiedervereinigung der beiden Koreas". Pommerats Erfolgsstück, im Grunde ein Kammerspiel für die kleine Bühne, besteht aus 19 kurzen Szenen beziehungsweise Versuchsanordnungen, in denen die verschiedensten Konstellationen vorgeführt werden, mal tragisch, mal komisch – Liebe im Labor. Bei der Besetzung verlangt der Autor "27 Frauen, 24 Männer und Jemand, der singt".

Großartiges Ensemble

In Nürnberg teilen sich fünf Schauspielerinnen und fünf Schauspieler diese Rollen im fliegende Wechsel, fast die Hälfte des Ensembles. Es wäre ungerecht, eine oder einen hervorzuheben, denn alle sind auf ihre Weise großartig. Daher seien hier nur ihre Namen genannt: Mareile Blendl, Heimo Essl, Michael Hochstrasser, Josephine Köhler, Janco Lamprecht, Bettina Langehein, Nicola Lembach, Stefan Lorch, Adeline Schebesch und Marco Steeger.

Auf der Drehbühne steht eine mit weißen Tüchern verhüllte Mauer (wie zwischen Nord- und Südkorea). Das Unding der Liebe liegt wie ein erratischer Block, ein leuchtender Meteorit oder ein riesiger Eiswürfel auf der Spielfläche (Bühnenbild: Ayse Özel).

Da ist die Frau, die nach 20 Jahren Ehe ihren Mann verlassen will, dem sie gar nichts vorzuwerfen hat, außer: "Es ist keine Liebe zwischen uns." Und da ist eine andere Frau, die erkennen muss: "Liebe allein reicht nicht." Irgendwas fehlt immer. Warum sich die Paare trennen, ist für Außenstehende schwer zu verstehen, aber auch warum sie sich überhaupt aufeinander eingelassen haben.

Ein komischer Höhepunkt ist die Szene mit der geplatzten Hochzeit: Bei dem Fest stellt sich heraus, dass der Bräutigam (Marco Steeger) mit allen vier Schwestern der Braut (Mareile Brendl und Josephine Köhler, Nicola Lembach, Bettina Langehein, Adeline Schebesch) ein mehr oder minder intimes Verhältnis hatte.

Am Ende wird der ganze Wahnsinn der Liebe in einer Szene besonders augenfällig: Ein Arzt (Marco Steeger) versucht, eine geistesgestörte Frau (Josephine Köhler), die von einem Klinikinsassen schwanger ist, zu einer Abtreibung zu überreden. Die aber will "das Kind der Liebe" trotz allem unbedingt behalten. Wider jede Vernunft. Ist das die wahre Liebe?

Ein herkömmliches Happy End gönnt der Menschenbeobachter Pommerat seinen Figuren so gut wie nie. Kusenberg beweist hier als Regisseur sein psychologisches Fingerspitzengefühl. Das wahre Verdienst seiner fast zwei Jahrzehnte währenden Tätigkeit als Schauspiel-Chef ist der Aufbau und die Führung eines ausgezeichneten, vielseitigen Darsteller-Teams. Mit dem Intendantenwechsel 2018/19 wird sich vieles ändern. Bis zum Ende der Spielzeit ist es ja noch ein bisschen hin, aber schon jetzt ist klar: Dieses Ensemble ist so leicht nicht zu ersetzen und wird uns fehlen. Der Beifall fiel entsprechend herzlich aus.

Weitere Vorstellungen: 20., 23. und 30. Dezember.

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