Ein Meister an der Trompete

22.10.2018, 18:03 Uhr

Der Gast des Tages, Manuel Blanco, gewann diese Staffel vor sieben Jahren als 1. Preisträger und ist seither nicht nur ein international gefragter Blechbläser, sondern auch Erster Trompeter im Orquestra Nacional de España. Dass er seine brillante Spielkunst mit dem hier nicht so bekannten Trompetenkonzert von Alexander Arutjunjan vorstellen durfte, erwies sich als gute Entscheidung.

Das Konzert des armenischen Komponisten von 1950 gibt Einblick in die makellose Technik und den betörend eleganten Ton des Spaniers: Dabei bleibt das Werk in allen seinen Teilen – ob nächtlich verträumt oder mit sanftem Folklorismus gepolstert – stets unangestrengt und rhapsodisch gefällig. Nur die letzte Bravour-Kadenz lotete das Potenzial des 33-jährigen Solisten ansatzweise aus.

Deshalb musste unbedingt noch etwas mehr von dem Startrompeter zu hören sein. In seiner Zugabe erfreute er mit Jean-Baptiste Arbans Variationen über den "Carnival of Venice", einem Klassiker, aber zugleich einem der virtuosesten Stücke der Trompetenliteratur. Mit stupender Leichtigkeit gestaltet der Spanier die wahnwitzigen Umspielungen des beliebten Grundthemas, da konnte einem beim Hören glatt die Luft wegbleiben.

Das Spiel der Masken

Damit war der Brückenschlag zu Strawinsky gefunden. Nicht nur dessen letzte Ruhestätte befindet sich auf der Toteninsel San Michele bei Venedig. Auch das Spiel maskenhafter Figuren liegt seiner Balletsuite "Petruschka" zugrunde. Kahchun Wong und seine Nürnberger Symphoniker präsentieren dieses originär für die Ballets russes in Paris geschriebenes Werk mit orchestraler Farbigkeit, tänzerischer Präzision und rhythmischer Vielschichtigkeit – das begeistert und wird von allen Instrumentengruppen gelebt.

Wie ein Marionettenspieler zieht Wong die Orchesterfäden, scheint in der Körperhaltung seines Dirigats die Verkörperung mancher Puppenfigur vorwegzunehmen. Strawinskys enorm schillernde Partitur ist kein Kinderspiel, aber Wong vermittelt den Eindruck, als ob es doch eines sei: Das macht Spaß.

Nach so viel Klangfülle scheint dann fast schon vergessen, in welcher Transparenz dieser Abend mit Haydns 60. Symphonie eröffnet wurde. Auch hier spielt die Vorlage eines Bühnenstückes eine Rolle, welches Haydn zur Schauspielmusik verdichtete. Die Suche nach dem musikalischen Kitzel? 1774 reichte es noch aus, die Saiten für wenige Takte zu verstimmen, um Zerstreuung und Konfusion zu illustrieren. Mit solchem fast unschuldigen Handpuppencharme wäre Strawinsky in seiner Zeit wohl chancenlos geblieben.

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