Einblicke in die "Klasse Wilhelm"

20.4.2016, 20:07 Uhr
Einblicke in die

© Foto: Annette Kradisch

„Hermann Wilhelm ist ein Multitalent, ein künstlerischer Durchlauferhitzer, der sich zu jeder Zeit der Tonlage bedient, der es bedarf“, bemerkte einmal der Präsident der Nürnberger Kunstakademie Rainer Beck. Lob oder Kritik? – an einem Künstler, dessen vielfältiges Werk sich auf keinen Nenner bringen lässt, der sich in kein Schema pressen lassen wollte. „Ich problematisiere, abstrahiere, informelliere, wenn ich einen Anlass dazu habe“, sagte Wilhelm selbst. Und dass er am meisten von jenen Lehrern profitiert habe, die „mich gewähren und experimentieren ließen“.

1897 in Oberfranken geboren, erlebte Hermann Wilhelm seine wichtigsten Lehrjahre ab 1925 in Berlin, wo er unter anderem Max Slevogt und Max Liebermann kennenlernte. Seine Heimat blieb jedoch Franken. 1939 wurde er, wie schon 1916, erneut zum Kriegsdienst eingezogen – Bruchstellen im Leben eines Künstlers, dessen Werk bei der Bombardierung Nürnbergs fast komplett verloren ging. 1946 wurde Wilhelm an die Akademie der Bildenden Künste Nürnberg berufen, wo er bis sieben Jahre vor seinem Tod 1970 unterrichtete.

Dass er mit seiner selbst praktizierten künstlerischen Offenheit prägend auf seine Schüler gewirkt hat, lässt sich in der über fast alle Räume der Kunstvilla verteilten Ausstellung sehr schön nachvollziehen. Zur „Klasse Wilhelm“ gehörten Künstler, die heute zu den regionalen „Klassikern“ zählen, etwa Franz Vornberger, Oskar Koller und Toni Burghart, aber auch Brigitta Heyduck, Egon Eppich, Lydia Hasselt und Theodor Reichart. Der Schwerpunkt der Sonderschau liegt auf den 1950er und 60er Jahren. Rückblickend kann man hier sehen, wie diese Künstler die wechselnden Stile ihrer Zeit aufgriffen, sich aber stets auch neu erfunden haben.

Für die Arbeiten Wilhelms musste Kunstvilla-Leiterin Andrea Dippel auf private Leihgaben zurückgreifen. Obwohl er 1965 mit der Bürgermedaille ausgezeichnet wurde, hat die Stadt zu seinen Lebzeiten kein einziges Werk von ihm gekauft, was fraglos dazu beitrug, dass Wilhelm nahezu in Vergessenheit geriet. Eingebettet in die Werke seiner prominentesten Schüler, lädt die Ausstellung zu einer lohnenden Wiederentdeckung ein.

Kunstvilla Nürnberg, Blumenstr. 17; bis 2. Oktober, Di.–So. 10–18, Mi. bis 20 Uhr.

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