Eine Öko-Oma gegen den Energieriesen

23.10.2017, 09:13 Uhr
Eine Öko-Oma gegen den Energieriesen

© Foto: Marion Bührle

 

Die Zuschauer sind gleich mittendrin im Geschehen und erleben, wie eine Informationsveranstaltung des Energieriesen "Deerland Energy" im Chaos endet. Erst funktioniert die Lautsprecheranlage nicht, und dann meldet sich im Publikum eine ältere Dame zu Wort und wirft dem wissenschaftlichen Experten auf dem Podium Bestechlichkeit vor. Daraufhin wird die Frau unter lautstarkem Protest von Ordnungskräften abgeführt. Ein junger Mann hat die Szene mit seinem Smartphone gefilmt und stellt das Video ins Internet.

Über Nacht wird die Rentnerin Elisabeth dadurch ungewollt zum Youtube-Star – und zur ernsthaften Gefahr für den Energiekonzern, der ein großes Fracking-Projekt in der Provinz. So weit, so gut.

Alistair Beaton hat ein Näschen für gesellschaftspolitische Themen, die in der Luft liegen, und verwandelt diese brisanten Stoffe in unterhaltsame Stücke mit nicht allzuviel Tiefgang. Das Ergebnis ist so etwas wie aufklärerisches Volkstheater.

Elke Wollmann spielt die Rentnerin und ehemalige Literaturprofessorin Elisabeth als nette Öko-Oma, die sich erst auf Grund eigener Erfahrungen in eine Wutbürgerin verwandelt. Im Grunde ist sie die einzige Figur, die in diesem Stück eine Entwicklung durchmacht. Ihr Mann Jack (Frank Damerius mit grauem Vollbart) ist ein leicht vertrottelter Gartenliebhaber, dem der ganze Umweltaktivismus ziemlich suspekt ist und der eigentlich nur seine Ruhe haben will.

Diese beiden etwas langweiligen Gutmenschen werden durch ein ziemlich schräges Pärchen kontrastiert: Die hektische Anti-Fracking-Aktivistin Jenny (Henriette Schmidt) und ihren jugendlichen Liebhaber Sam (Frederik Bott als Mischung aus Hippie und Alternativapostel).

Sie alle vereint der Kampf gegen die Vertreter von "Deerland Energy", die mit allen Mitteln eine Baugenehmigung für ihr umstrittenes Fracking-Projekt bekommen wollen.

In dem Stück ist der wahre Bösewicht allerdings nicht der altmodisch steife Konzernmanager Hal (Thomas Klenk), sondern dessen durchtriebener PR-Agent Joe (Marco Steeger als echtes Ekelpaket).

Natürlich kann man die Botschaft des einfach gestrickten Stückes nur unterschreiben. Erkenntnisgewinn bringt es allerdings nur wenig. Vielleicht hat der Autor einfach zu viel hineingepackt: Politikverdrossenheit, Zukunftsangst, Wut auf die Konzerne, Umweltzerstörung, die Macht der Sozialen Medien, Misstrauen gegenüber Werbung und Marketing, überhaupt die Zumutungen des digitalen Zeitalters. Hauptproblem aber ist, dass in dem Stück die Welt von vorneherein in Gut und Böse aufgeteilt ist.

Ein idealer Stoff für Umwelt-Bürgerinitiativen, Schulplatzmiete und das Kulturprogramm von Kirchentagen, ganz unterhaltsam, aber harmlos. Die Inszenierung hat der politisch korrekten Botschaft wenig entgegenzusetzen. Eine ätzende Gesellschaftssatire sieht jedenfalls anders aus.

ZWeitere Vorstellungen: 25. und 29. Oktober; 2. und 9. November

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