Er lässt Stars alt aussehen

23.8.2016, 14:00 Uhr
Er lässt Stars alt aussehen

© Foto: Fuchs

Vom Friseur über den Perückenhersteller bis hin zum Bildhauer gehört irgendwie alles zum Betätigungsfeld von Alexander Gehs. „Wir beschäftigen uns mit allem, was an einem Körper verändert werden kann“, so der 44-Jährige, der seine Ausbildung am Theater in Bremen erhalten hatte und danach 14 Jahre lang an der Bayerischen Staatsoper in München tätig war.

Maskenbildner, das ist tatsächlich ein eigener Beruf, seit 2002 staatlich anerkannt mit Berufsschule und richtiger Prüfung. Freilich hätten die meisten Theater immer weniger Geld und auch Zeit zur Ausbildung, so dass sich fast alles auf die beiden Studiengänge in München und Dresden konzentriert. Ganz klar ordnet Alexander Gehs seinen Beruf auch als Handwerk ein. „Wir sind die ausführende Abteilung“, sagt er und weiter: „Ich bin der Umsetzer, nicht der Künstler.“

Weil 90 Prozent seiner Arbeit immer irgendwie mit Haaren zu tun haben, ist für Alexander Gehs eine Friseurausbildung unabdingbar – wenn sie auch nicht zwingend vorgeschrieben ist. In Bayreuth werde von jedem Sänger und Statisten ein Kopfabdruck angefertigt. Über den Haaransatz werde anschließend ein Netz gezogen, in das die Haare, ähnlich wie bei der Teppichherstellung, einzeln eingeknüpft werden. Das könne pro Kopf schon mal bis zu 60 Stunden ohne Frisieren und Nachbearbeiten dauern, verrät der Chefmaskenbildner. „Wenn etwas wirklich sitzen soll, dann muss es auf Maß gearbeitet werden“, so Alexander Gehs.

Er verrät auch, dass zumindest in Bayreuth in der Regel mit Echthaar gearbeitet wird, weil man damit einfach alles machen kann. Das wesentlich billigere Kunsthaar beginne dagegen schon bei 70 Grad Celsius zu schmelzen. Einmal zu heiß geföhnt, und schon ist die Perücke dahin. Echthaar kostet allerdings schon mal bis zu 8000 Euro pro Kilogramm. Grund dafür ist, dass jeder Friseur mittlerweile Haarverlängerungen anbiete und die Nachfrage damit sehr groß geworden ist. Für eine Perücke benötigt Gehs etwa 200 Gramm Haar.

Stark verändert, so der Experte, habe sich der Beruf des Maskenbildners dadurch, dass die hochauflösende Kameratechnik (HD) von Film und Fernsehen auf der Bühne Einzug gehalten hat. „Wir müssen viel feiner als früher arbeiten und kommen immer wieder an unsere Grenzen.“ Die Ansprüche seien immens gestiegen, mittlerweile würden ausschließlich film- und fernsehtaugliche Arbeiten verlangt. Es sei aber auch ein Unterschied, ob man „nur“ für die Bühne oder für eine Premiere, die in 100 Kinos live übertragen wird, arbeitet. Das typische Opern-Make-Up gebe es gar nicht mehr, sagt Alexander Gehs. Heute werde auf allen großen Bühnen mit den gleichen Materialen gearbeitet, die auch Hollywood benutzt.

Alles verlangt habe von ihm und seiner Abteilung mit 35 freien Maskenbildnern, von denen einige sogar aus Wien, London oder Paris nach Bayreuth gekommen sind, die aktuelle „Parsifal“-Neuinszenierung. Vor allem der Alterungsprozess der Kundry benötigt nicht nur in jedem Aufzug ein anderes Make-Up, sondern im dritten Aufzug sogar einen plastischen Eingriff. Soll heißen: „Wir kleben der Darstellerin Elena Pankratova Silikon ins Gesicht.“

Das Besondere an Bayreuth ist für Gehs die lange Vorlaufzeit. Für „Parsifal“ haben die Arbeiten schon über ein Jahr zuvor begonnen. An der Staatsoper in München seien dagegen sechs Wochen üblich gewesen. Schon jetzt arbeiten er und seine Abteilung für die Neuinszenierung der „Meistersinger von Nürnberg“ 2017.

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