Er pfeift auf die Feier: Nobelpreis-Party ohne Bob Dylan

11.12.2016, 12:29 Uhr
Beim Nobelbankett am Abend ließ sich Literaturnobelpreisträger Bob Dylan nicht blicken.

© dpa Beim Nobelbankett am Abend ließ sich Literaturnobelpreisträger Bob Dylan nicht blicken.

Selbst die Aussicht darauf, beim Nobelbankett vielleicht zwischen Königin Silvia und Prinzessin Madeleine zu sitzen, hat ihn anscheinend nicht umgestimmt. Dabei gäbe es sicher einige, die Bob Dylan darum beneiden würden. Der US-Sänger, in diesem Jahr mit dem Literaturnobelpreis bedacht, lässt die Preisverleihung in Stockholm sausen. Zu Wort meldet er sich aber immerhin - über Umwege: Beim Nobelbankett am Abend liest die US-Botschafterin in Stockholm, Azita Raji, aus einer Dankesrede vor, die Dylan aus der Ferne eingereicht hat.

"Es tut mir leid, dass ich nicht persönlich bei euch sein kann, aber bitte wisst, dass ich auf jeden Fall im Geiste bei euch bin", lässt der Rocksänger die Royals, Nobelpreisträger und Spitzenpolitiker wissen, die an den langen Tischen in feinster Abendgarderobe gerade Wachteln mit schwarzem Knoblauch und konservierte Waldpilze gespeist haben.

Patti Smith nervös: Die 69-Jährige stockt plötzlich mitten im Lied: "Es tut mir leid, ich bin so nervös", erklärt der Superstar - und erntet Jubelstürme aus dem Publikum.

Patti Smith nervös: Die 69-Jährige stockt plötzlich mitten im Lied: "Es tut mir leid, ich bin so nervös", erklärt der Superstar - und erntet Jubelstürme aus dem Publikum. © dpa

Schon bei der Zeremonie am Nachmittag fehlt der Rockpoet. Statt Dylan tanzt und singt bei der Gala im Konzerthaus die US-Rockikone Patti Smith. Während es draußen Bindfäden regnet, trägt die 69-Jährige im Saal "A Hard Rain’s A-Gonna Fall" vor - und stockt plötzlich mitten im Lied. "Es tut mir leid, ich bin so nervös", erklärt der Superstar mit Mittelscheitel und silbernen Haaren fast schüchtern - und erntet Jubelstürme aus dem Publikum.

"Blowin' In The Wind"

Die restlichen Strophen des uralten Liedes, das Dylan mit zarten 21 Jahren geschrieben hat, bringt sie flüssig über die Bühne. "Blowin' In The Wind" (1963) hatte den Mann, der als Robert Allen Zimmerman geboren wurde, kurz darauf berühmt gemacht. Über ein halbes Jahrhundert später ist er eine Musiklegende, Pulitzer- und jetzt auch Nobelpreisträger.

"Den Literaturnobelpreis zu bekommen, ist etwas, das ich mir nie hätte vorstellen oder kommen sehen können", meint Dylan bescheiden in seiner Dankesrede. Nobeljuror Horace Engdahl nennt den US-Amerikaner bei der Feier dagegen in einem Atemzug mit Ovid und Shakespeare. Damit will er wohl auch Kritikern den Wind aus den Segeln nehmen.

Dass zum ersten Mal ein Songschreiber die Auszeichnung zuerkannt bekommen hatte, hatte nicht allen gefallen. Wie Shakespeare sei er oft mit seinen kreativen Unterfangen und alltäglichen Fragen beschäftigt, schreibt Dylan an die Bankettgäste. "Nicht einmal hatte ich jemals die Zeit, mich zu fragen: "Sind meine Lieder Literatur?""

Dylan brüskierte Akademie mehr als ein Mal 

"Die Schönheit seiner Songs ist von höchstem Rang", schwärmt Juror Engdahl bei der Preisverleihung. Das hätte er dem Nobelpreisträger, der die Auszeichnung für seine "poetischen Neuschöpfungen in der großen amerikanischen Gesangstradition" zuerkannt bekommen hatte, lieber selbst gesagt.

Doch Dylan hat die altehrwürdige Schwedische Akademie seit der Bekanntgabe im Oktober mehr als einmal brüskiert - angefangen damit, dass die Jury den Sänger wochenlang nicht ans Telefon bekam. "Ich war unterwegs, als mich diese überraschende Nachricht erreicht hat und brauchte mehr als ein paar Minuten, um das richtig zu verarbeiten", zitiert US-Botschafterin Raji den Rockpoeten. Ob Dylan überhaupt persönlich nach Stockholm kommt, um die Auszeichnung abzuholen, steht noch nicht fest.

Als großer Dylan-Fan sei er bitter enttäuscht, dass der Rockstar nicht zur Verleihung gekommen sei, sagt Physik-Preisträger Michael Kosterlitz im schwedischen Fernsehen. Nur einer freut sich insgeheim vielleicht ein bisschen, dass Bob Dylan sich nicht in Stockholm hat blicken lassen: Einer der anderen beiden Physik-Preisträger, Duncan Haldane. Er darf beim Abendessen am Ehrentisch zwischen der Königin und Prinzessin Madeleine sitzen.

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