Franken-Sound beim Erlanger Poetenfest

31.8.2015, 06:00 Uhr
Immer gut besucht: Das Erlanger Poetenfest war wieder ein Erfolg.

© Athina Tsimplostefanaki Immer gut besucht: Das Erlanger Poetenfest war wieder ein Erfolg.

Was eigentlich ist fränkische Literatur? Wer es sich leicht machen will, hält sich an Biografisches: Wer hier gelebt hat, ist ein fränkischer Autor. „Die biologische Herkunft kann aber kein Kriterium sein“, meint die Literaturkritikerin und Autorin Ursula März, gebürtige Herzogenauracherin.

Und ja, glaubt sie, es gäbe den ganz speziellen fränkischen Sound in Büchern. Getragen sei er von einem lässigen Understatement. „Aus einem Franken kann kein großer Pathetiker oder Fanatiker werden. Das liegt uns nicht“, sagt März und betont die Bedeutung der Provinz als Echoraum für das Schreiben: „Es gibt in Deutschland kein literarisches Zentrum. Deutsche Literatur war und ist Provinzliteratur.“

Auf dem Poetenfest-Podium, das die Seele, die Eigenheiten und die Zukunft der fränkischen Literatur behandelte, gehört März mit ihrer inzwischen ebenfalls in Berlin lebenden Kollegen Christiane Neudecker zu den „Exilfranken“. Und was bedeutet das? „Für mich ganz sicherlich, dass ich patriotischer bin, als wenn ich hier geblieben wäre“, meint Neudecker und bekennt: „Es gibt kein Buch von mir ohne fränkische Spurenelemente.“

Hermann Glaser, neben Verleger Norbert Treuheit einer der beiden „Beharrungsfranken“ in der Diskussionsrunde, ist es zu verdanken, dass nun eine Literaturgeschichte des Landstrichs vorliegt — 600 Seiten stark, zwei Kilo schwer. „Es kommt nicht von ungefähr, dass E.T.A. Hoffmann in Bamberg die Dämonen entdeckt hat“, meint Glaser. Das Kleinräumige, das Verwinkelte zeichnet auch für Rolf-Bernhard Essig, Autor, Literaturkritiker und neben Moderator Dirk Kruse einer der „Bekenntnisfranken“ in der Runde, die hiesige Literatur aus. Aber nicht nur die: „Auch Dürer malte kleine Rasenstücke“, sagt Glaser.

Warum das so ist, versucht März zu erklären: „Das hier war eine Region der Patrizier und Handwerker, es gab keine Hocharistokratie und keine Schwerindustrie. Das beeinflusst die Fantasie, auch wenn man das mehr erspüren als nachweisen kann.“ Der typisch fränkische Innenraum sei kein Palast, sondern eher ein holzgetäfelter Raum. Daher rühre diese ganz bestimmte fränkische Innerlichkeit.

Ihr literarisch noch stärkeres Gewicht zu geben, ist Ziel von Norbert Treuheit, der in seinem Cadolzburger Verlag ars vivendi eine Reihe zu fränkischen Klassikern gestartet hat. Glaser setzt noch eins drauf: Eine regionale Literatur-Zeitschrift, so fordert er, soll unter Federführung des Poetenfestes gegründet werden. Aber, schränkt er gleich ein: „Wenn man in Franken Wünsche äußert, muss man immer ein Jahrhundert dazudenken. . .“

Veranstalter ist zufrieden

Leere Reihen vor dem Hauptpodium des Poetenfests im Schlossgarten? Was ist denn da los? Keine Angst. Das Literatur-Festival steckt nicht in der Krise, sondern das Publikum musste sich am Wochenende dem Sonnenstand anpassen und von Schattenplatz zu Schattenplatz ziehen. Aus diesem simplen Grund gab es manchmal eine Schneise der Leere in den Bank- und Tisch-Reihen.

Trotz Hitze strömten wieder die Literatur-Feunde aus nah und fern nach Erlangen. Mehr als 12.000 Besucher waren an den vier Tagen dabei. „Bei 34 Grad im Schatten schreibt meine keine Rekorde, aber das Festival war super besucht. Unsere Erwartungshaltung wurde sogar übertroffen“, berichtete Festival-Leiter Bodo Birk. Besonders viel Zuspruch gab es für die Veranstaltungen zu politische Themen. Birk: „Diese ziehen auch ein anderes Publikum an. Wir haben ohnehin das Gefühl, dass die Verknüpfung von Literatur und Politik im Programm gut ankommt."

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