Fundgrube für wunderbare Geschichten

25.5.2015, 12:42 Uhr
Fundgrube für wunderbare Geschichten

Kinder sammeln Fußballbilder, manche Menschen sammeln Bierdeckel, andere Briefmarken. Und ein Stadtmuseum? Das sammelt eigentlich alles, was mit den Menschen, Orten und Ereignissen einer Region zu tun hat. „Ohne Sammlung kein Museum!“, stellt Thomas Engelhardt, Leiter des Erlanger Stadtmuseum, klar. Ihm geht es auch darum, mit der neuen Doppelschau „ABC des Sammelns“ und „Die Poesie der Dinge“ die fünf Grundaufgaben seiner Institution in Erinnerung zu rufen: „Sammeln, Bewahren, Forschen, Ausstellen und Vermitteln.“

Manche Exponate verdienen durchaus die Bezeichnung „exotisch“. Beispielsweise ein Schwert, das zwar nicht seinen Weg aus den „unendlichen Weiten des Weltraums“ nach Erlangen gefunden hat, dennoch aber aufs Raumschiff-Enterprise-Universum verweist. Das „Bat’ leth“ aus der Filmreihe wurde vor geraumer Zeit als „Anscheinswaffe“ von der Staatsanwaltschaft konfisziert, vom Erlanger Kulturreferenten höchst persönlich vor der Vernichtung gerettet und wurde per Gerichtsbeschluss zum „Museumsobjekt“.

Präsentiert wird eine ausschließlich mit Stücken aus der Sammlung des Stadtmuseums kuratierte Schau, die auf spielerische Weise Hintergründe zu einzelnen Objekten beleuchtet, sich aber auch mit Themenkomplexen wie „Kuriositätenkabinett“ oder „Fälschungen“ beschäftigt. Wunderbare Geschichten werden zu Tage befördert. Etwa die über die „Pottensteiner Fälschungen“: Ende des 19. Jahrhunderts deponierten Einheimische selbst hergestellte Steinwerkzeuge und Schmuck aus Knochen in Höhlen und narrten so selbst renommierte Forscher.

Udo Andraschke, Kustos der Sammlungen der Universität Erlangen, sagt über den Anspruch der Ausstellung: „Wir wollen zeigen, was man sonst nicht sieht. Wir wollen ein Licht auf die Schattenarbeit des Museums werfen.“ Im „ABC des Sammelns“ gelingt dieser Blick hinter die Kulissen und auf die Theorie der Museumsarbeit auf vorzügliche Weise.

Mit der Kamera in den Depots

Eine künstlerische Ergänzung erhält das „ABC“ durch „Die Poesie der Dinge“ von Isi Kunath. Die Künstlerin, die in Holland sowie in Erlangen lebt und arbeitet, war mit ihrer Kamera jenseits der Stadtmuseums-Depots in so ziemlich allen Sammlungsräumen der Universitäten Nordbayerns unterwegs. Fotografiert hat sie ohne Stativ, ohne Blitz. Präsentiert wird dieses spontane, hintersinnige Foto-Essay im Stil von aufrollbaren Schullehrtafeln. „Ich wollte unmittelbar einfangen, was mich berührt“, erklärt Kunath.

Das „ABC“ samt künstlerischer Andockung vermittelt eine Vorstellung von den Möglichkeiten, die noch in den Depots schlummern. „Was wir zeigen, ist gerade mal ein Prozent unserer Bestände“, berichtet Engelhardt. „Depots sind keine Schlummerräume für Dinge, sondern stets auch Möglichkeitsräume“, meint Andraschke.

Für das Erlanger Stadtmuseum sind diese Möglichkeiten aber aufgrund der räumlichen Situation arg eingeschränkt. Seit Jahren gibt es Pläne, das Haus am Martin-Luther-Platz zu erweitern. Die Chancen endlich auf die „Prioritätenliste“ der städtischen Bauprojekte aufgenommen zu werden, stehen derzeit aber offensichtlich gut — hofft zumindest Engelhardt, der in diesem Jahr in den Ruhestand verabschiedet wird.

„ABC des Sammelns“ und „Die Poesie der Dinge“. Stadtmuseum Erlangen am Martin-Luther-Platz. Bis 25. Oktober. Geöffnet: Di./Mi. 9—17, Do. 9—20, Fr. 9—17 und Sa./So. 11—17 Uhr. Geschlossen am 26. Mai und am 4. Juni.

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