Im Tessin erwachte die Liebe zum Marmor

7.7.2011, 00:00 Uhr
Im Tessin erwachte die Liebe zum Marmor

© Schierz

Von morgens bis abends Steine bearbeiten? Für die 23 jungen Teilnehmer der Exkursion, 19 davon Frauen, gab es zehn Tage lang nichts Schöneres. Nicht nur weil es um Kunst ging, sondern weil das Material eine ganz eigene Faszination ausübte. Auf Fotos kann man sehen, wie die angehenden Kunsterzieher ihre Findlinge mit vereinten Kräften aus dem Flussbett des Peccia abtransportieren. „Jeder hat sich gleich mit seinem Stein identifiziert und sofort losgelegt“, erzählt Peter Mayer, Kunsterzieher und Reisebegleiter, begeistert vom Elan seiner Schützlinge.

Mit Spitzmeißel und Flacheisen, Stockhammer und Flex bearbeiteten sie ihre Findlinge, schufen aus den Steinblöcken anmutige Formen, die an Organisches, an Hülsenfrüchte oder Köpfe erinnern. Verführerisch glatt und glänzend wölben sich polierte Rundungen nach innen und außen, als würde dem Stein etwas Lebendiges innewohnen. „In der starren, uralten Hülle verbarg sich ein verletzliches Wesen“, hat Anja Mehles zu ihrer Skulptur notiert, die die Anmutung eines zusammengerollten Lebewesens hat und draußen im Park zu bewundern ist, der erstmals in die Ausstellung einbezogen wurde.

Die Reise nach Peccia war für alle Teilnehmer Neuland. Bildhauerei steht erst seit dem Umzug der Kunstpädagogen in das ehemalige Knabeninternat St. Paul vor zwei Jahren auf dem Lehrplan. „St. Paul ist toll“, schwärmt Mayer, „wir haben jetzt viel mehr Platz als früher.“ 120 Haupt- und 600 Nebenfachstudenten sind derzeit am Lehrstuhl für Kunstpädagogik eingeschrieben.

Das neue Angebot Bildhauerei ist ein großer Zugewinn, doch mit Marmor wurde bislang nicht gearbeitet. Sandstein und Muschelkalk sind die vor Ort verfügbaren Materialien. Aber die Liebe zum Marmor hat in Peccia alle gepackt. Auch den Künstler Peter Mayer, der zwei Tierköpfe schuf, die mit ihren weißen Furchen in rot bemalter Oberfläche wie plastische Holzschnitte aussehen.

Nicht mit Marmor, sondern mit den eigenen Körpern arbeiteten EWF- und tschechische Studenten von der Masaryk Universität in Brünn, als sie Ende Juni mit Aktionen in der Nürnberger Altstadt auf sich aufmerksam machten. Fotografien der originellen Eingriffe in den öffentlichen Raum – am Tiergärtnertor, vor dem Neuen Museum oder der Lorenzkirche – sind jetzt ebenfalls in St. Paul zu sehen. Die Ausstellung dokumentiert zugleich die verstärkte Zusammenarbeit der beiden Hochschulen. Kunsterzieherin Sabine Richter will neben der wissenschaftlichen Kooperation künftig auch den Studentenaustausch fördern. Der Gegenbesuch in Brünn findet bereits Ende Juli statt.

Dutzendteichstr. 24; bis 15. Juli, Mo.—Do. 9—18, Fr. bis 16 Uhr.