In Extremo: Verloren zwischen Welten

3.4.2011, 12:06 Uhr
In Extremo: Verloren zwischen Welten

© In Extremo

Würde man die mittelalterlichen Instrumente einfach weglassen und einen fähigen (und auf Englisch singenden) Sänger ans Mikro stellen, wäre Sterneneisen vom Klang her eine absolut erstklassige Metalscheibe. Unzählige andere Bands würden für einen derart dicken, satten und differenzierten Sound über eine Menge Leichen gehen - besonders Schlagzeug und Gitarre errichten teilweise eine regelrechte Soundwand, die keine Wünsche offen lässt. Nur gibt es da leider ein kleines Problem:

InEx sind keine Metal-Band - eigentlich sind sie vielmehr eine Mittelalter-Band mit rockigem Einschlag. Zumindest waren sie das einmal, als mittelalterliche Instrumente noch die musikalische Hauptarbeit verrichteten und nicht nur spärlich eingesetztes Beiwerk waren, wie es hier auf Sterneneisen der Fall ist.

Diese  Entwicklung in diese Richtung war bereits beim Vorgängerwerk Sängerkrieg abzusehen - nur dass die Band so weit gehen würde, das haben sicherlich die wenigsten Fans erwartet (oder befürchtet). Nach rund 15 Jahren Bandgeschichte haben sich InEx von einer Mittelalter-Rock-Band in eine Rock-/Metal-Combo mit leichten Punk-Einflüssen verwandelt, in der ab und zu mal ein mittelalterliches Instrument zu hören ist. Das an sich wäre ja noch zu verschmerzen, wenn es das einzige Problem an Sterneneisen wäre. Dummerweise allerdings gibt es da noch zwei weitere.

Problem Nummer eins: Songs mit generellem Ohrwurm-Charakter sucht man vergebens. Zwar gibt es gelegentlich Passagen, die sich eine Weile im Gehörgang festbeißen, aber das sind eben nur Passagen, mehr nicht. Hinzu kommt noch, dass sich in mehreren Songs das Gefühl aufdrängt, dass sie aus Resten zusammengeklebt wurden: Eine Strophe, die in einen Refrain übergeht, der mit dem bis dahin aufgebauten Charakter des Songs wenig bis gar nichts zu tun hat - auf Sterneneisen passiert das leider zu oft, um als einmaliger Ausrutscher durchzugehen.

Teils unerträglicher Schmalz

Problem Nummer zwei: Die Texte der Songs. Es ist nicht nur so, dass auch hier Strophe und Refrain teilweise nicht wirklich zusammenpassen und die einzelnen Zeilen teils mit brachialer Gewalt so hingebogen wurden, dass sie irgendwie ein aabb- oder abab-Reimschema ergeben. Vielmehr lesen sich die Texte teilweise so, als stammten sie aus der Schublade "pseudo-tiefsinnige, aber dennoch vollkommen bedeutungslose Satzschablonen für leichte Schlager". Möglicherweise liegt das ja am Einfluss von Unheilig, die InEx sehr nahe stehen. Schließlich hat der "Graf" (der beim Song "Hol die Sterne" passenderweise gleich mitsingt) das unglaubliche Kunststück vollbracht, der Welt Schlager tatsächlich als Gothic-Rock zu verkaufen.

Letztlich spielt aber auch keine Rolle, woran es liegt - entscheidend ist vielmehr, dass die Songs dadurch über ein nicht zu unterschätzendes Kopfschmerz-Potential verfügen. Und das ist nahezu wörtlich gemeint: Nach dem dritten oder vierten Durchhören der CD tun manche Textstellen wegen ihrer Bedeutungslosigkeit und Oberflächlichkeit einfach nur noch weh.

Kurz gesagt: Die Band steuert mit Gewalt auf die Charts zu (was keinefalls als Kompliment verstanden werden sollte) und verliert sich dabei zwischen irgendwo im Nichts zwischen ihren mittelalterlichen Wurzeln, modischem Hochglanz-Metal und dem teils unerträglichen Schmalz, der sich in den Texten ausbreitet, und der irgendwann wohl auch Besitz von der Musik ergreifen wird. Oder von dem, was dann noch davon übrig ist.

 

Bewertung: 3/10

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