Junge Kunst im Labor

2.2.2008, 00:00 Uhr
Junge Kunst im Labor

© Stefan Hippel

Frau Lehner, einen Direktor hat das Kunst- und Kulturquartier seit wenigen Wochen. Wie geht es inhaltlich und personell weiter?

Julia Lehner: Wir bauen hier eine neue Dienststelle auf, das ist ein Kraftakt. Es ist ein echter Neuanfang, auch wenn viele handelnde Personen gleich bleiben. Die Leitungspositionen mit Matthias Strobel an der Spitze und dem Verwaltungschef Georg Reif sind besetzt. Insgesamt wurden sechs neue Stellen geschaffen. Davon entfallen zwei halbe Stellen auf die Betreuung der Sammlung und der Sonderausstellungen der Fränkischen Galerie. Diese Stellen werden wir in Kürze ausschreiben, und sie sollen bis zur Mitte des Jahres besetzt sein. Gleichzeitig wird es eine halbe Kuratorenstelle für die Kunsthalle geben, weil deren Leiterin Ellen Seifermann künftig für den Bereich Kunst im KuKuQ zuständig ist.

Ihr erklärtes Ziel sind spartenübergreifende Veranstaltungen in dem Haus. Wann ist das so weit?

Lehner: Natürlich geht es auch jetzt schon um Inhalte und Themen. Bereits in diesem Jahr hat das Großraumprojekt «tanzen!08» einen örtlichen Schwerpunkt im Kunst- und Kulturquartier. Es wird dort eine Tanzzentrale geben und Veranstaltungen wie auch Angebote der bildenden Kunst und des Filmhauses zum Thema Tanz. Wir konzentrieren auch den diesjährigen Dürer-Schwerpunkt dort.

Dabei geht es diesmal um den 500. Geburtstag von Dürers «betenden Händen». Was genau haben Sie vor?

Lehner: Wir wollen der Frage nachgehen, warum diese kleine Studie so berühmt geworden ist. Das ist ja eine Entwicklung, die so richtig erst im 20. Jahrhundert eingesetzt hat. Dazu wird es eine Ausstellung geben und auch wieder Vortragsreihen. Durch diese Veranstaltungen hat die Dürerforschung in den letzten Jahren eine wichtige Wurzel bekommen.

Der Bildungsbereich im Künstlerhaus musste Räume für die neuen Dienststellen-Büros hergeben, bei den im Kunsthaus organisierten Künstlerverbänden herrscht große Unsicherheit über die Zukunft des Vereins. Wie glatt läuft die Umstrukturierung?

Lehner: Natürlich gibt es Diskussionen. Aber mit Matthias Strobel ist ein Direktor gekommen, der sich bemüht, alle einzubinden. Mit dem Kunsthaus führen wir intensive Gespräche.

In welche Richtung gehen die?

Lehner: Inhalte des Kunsthauses werden sich künftig auch in der Villa in der Blumenstraße, wo die Fränkische Galerie eingerichtet werden wird, zeigen. Im Künstlerhaus möchten wir so genannte Laboratorien einrichten, wo sich junge Künstler in anderer Form präsentieren können. Davon waren auch die Beteiligten vom Kunsthaus angetan. Das Kunsthaus ist ein Bestandteil des KuKuQ. Das wollen wir räumlich in einem dritten Bauabschnitt ausbauen.

Wann kann denn der Umbau der Villa in der Blumenstraße beginnen und was kostet er?

Lehner: Die Kostenschätzungen lagen und liegen bei circa vier Millionen Euro. Die Hälfte davon kommt vom Freistaat, die andere Hälfte ist im städtischen Haushalt bereits genehmigt. Die Umbaupläne werden vom Hochbauamt erarbeitet. Die Bauphase wird noch dieses Jahr beginnen.

Kürzlich hat der Verein «Franken-Art e.V.» einen Neubau am Baumeisterhof als Alternative zur Villa vorgestellt, die aus Sicht des Vereins nicht für Ausstellungen geeignet ist.

Lehner: Wir hätten das Geschenk von Verleger Bruno Schnell nicht angenommen, wenn wir uns nicht zuvor versichert hätten, dass die Villa sehr wohl ein guter Ausstellungsort wird. Es gibt in anderen Städten viele Beispiele für alte Villen, die museal genutzt werden. Wir haben über Jahre hinweg Standorte für die Fränkische Galerie geprüft, die sich aber aus den verschiedensten Gründen als unbrauchbar erwiesen haben, darunter auch der Baumeisterhof.

Das Personalkarussell dreht sich nicht nur im KuKuQ, auch die städtischen Museen brauchen einen neuen Chef.

Lehner: Ja, Franz Sonnenberger hört Ende Oktober auf. Wir werden die Ausschreibung im März auf den Weg bringen.

Wie entwickeln sich die Besucherzahlen der städtischen Museen?

Lehner: Sie liegen für 2007 mit rund 567 000 Besuchern leicht unter dem Niveau vom Vorjahr. Einen Rückgang gab es vor allem im Museum Industriekultur, der aber leicht zu erklären ist: Nach der Landesausstellung wurde die Dauerschau dort umgebaut und es kam zu Schließzeiten. Dürerhaus, Fembohaus, Spielzeugmuseum und Schwurgerichtssaal konnten teilweise kräftig zulegen. Und auch das Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände hatte wieder mehr Besucher als im Vorjahr.

Mit dem Staatstheater und der Musikhochschule sind zwei große und teure Institutionen nun in staatlicher Hand. Welche Visionen haben Sie noch für die Zukunft?

Lehner: Die kulturelle Infrastruktur ist wirklich gut gepflegt. Die einzelnen Institutionen konnten sich trotz Sparrunden immer noch nach vorne entwickeln. Aber es ist eine Herausforderung, die bildungsfernen Schichten stärker anzusprechen. Noch immer findet zeitgenössische Kunst und Kultur zu viel in geschlossenen Räumen statt. Ich möchte einem viel größeren Bevölkerungsanteil die Teilhabe ermöglichen, etwa mit Projekten wie der «Haltestelle Kunst» oder mit einer Kinderkunstschule, von der ich noch immer träume. Kultur ist Bildungsarbeit, und die leistet man nicht in ein oder zwei Jahren, sondern dafür braucht man einen ganz langen Atem.

Interview: BIRGIT RUF/

KATHARINA ERLENWEIN