Kabarett und Konzerte - in Anwanden ganz entspannt

25.6.2018, 14:28 Uhr
Kabarett und Konzerte - in Anwanden ganz entspannt

© Foto: Berny Meyer

"Es ist nicht wichtig, was wir hier machen": So begrüßt Andreas Rebers, vielfach ausgezeichneter Wortverdreher und Musiker, grinsend das Publikum im Heuboden des Wolfgangshofes. Was ist schon wichtig im Kulturbetrieb? Geht doch auch ohne Kultur, denken vermutlich Einige (und offenbar auch die Entscheider im Landkreis Fürth, die den Kulturpalast weitgehend ignorieren). Und doch sind Festivals wie dieses unabdingbar für eine Gemeinde zwischen (Groß-)Stadt und Land, zwischen Gewerbe und Schlaf-Siedlung. Kultur ist auch dort Teil der Lebensqualität.

Das Konzept ging auch diesmal auf — trotz Fußball-Konkurrenz und kühlen Temperaturen. Das liegt vor allem an den ungewöhnlichen Programm-Paarungen, die es so anderswo nicht gibt. Top-Musiker wie den Ruhrpott-Rockpoeten Stoppok oder Drummer Wolfgang Haffner samt Sonnwendfeuer im Anschluss; Kabarett-Schwergewichte wie Pigor & Eichhorn oder Andreas Rebers und Jochen Malmsheimer, die sonst die Säle locker im Alleingang füllen, im Doppelpack; oder Performance-Dichterin Nora Gomringer mit einer Premiere als Gesangs-Chefin eines Jazz-Trios — das muss man andernorts in der Fülle erst suchen.

Wenn Malmsheimer sich kichernd den Bauch hält, während er den Witzen des Kollegen lauscht, und wenn umgekehrt Rebers ins Mikrofon gluckst, weil Malmsheimer zur stimmgewaltigen Abrechnung mit all den Leggings- und Tattoo-Trägern in den Fußgängerzonen dieser Welt anhebt, dann ist das allein schon eine Show. Kultur darf Spaß machen, das hat man hier grundlegend verstanden. Die Würze in der Kabarett-Suppe ist das "Palastquartett Anwanden", wie Rebers sein Streichquartett getauft hat. Ausgerechnet zum Spiel Deutschland–Schweden beim Stand von 1:1 spielen sie schwedische Volkstänze — Völkerverständigung auf musikalische Art.

"Das gibt wieder Ärger bei Ikea", kommentiert wenig später Nora Gomringer, als ihr der Endstand 2:1 mitgeteilt wird. Die Bamberger Dichterin, vielfach ausgezeichnet für ihre Texte, die sie mit intensiven, witzigen und eingängigen Live-Performances vorträgt, zeigt sich hier als exquisite Jazz-Sängerin. Mit ihrem Trio aus jungen Leipziger Musikern mäandert sie singend und sprechend zwischen Heinrich Heine, eigenen Texten, verjazzten Pop-Standards und schließlich dem heiß diskutierten Gedicht "Avenidas" von ihrem Vater Eugen Gomringer. Eine sympathische Truppe mit einer gut gelaunten Anführerin, die für diese Premiere erst am selben Tag live geprobt haben. Gomringer plus Trio – gerne wieder.

Am späten Abend schließlich darf man auch mal faul am Boden fläzen, aber nicht applaudieren: Der Schweizer Songwriter-Star und Soundbastler Stephan Eicher und seine elektronisch wie akustisch versierte "Polstergruppe" machten mit dem Nürnberger Maler und Songpoeten Dan Reeder gemeinsame Sache. "Liegekonzert mit Weltraumblicken und Kaffeeduft" heißt der Act. Den Espresso vertilgen literweise die Schweizer, die Löffel in den leeren Tassen werden Teil der Lautmalerei, das Weltall taucht im Film auf, und Dan Reeder singt anrührend dazu. Ein Hoch auf all die Ehrenamtlichen, die solche Kultur-Sternschnuppen möglich machen.

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