Kammerspiel der karrieregeilen Unternehmensberater

27.9.2016, 15:00 Uhr
Kammerspiel der karrieregeilen Unternehmensberater

© Foto: Gostner

Ein Kammerspiel war schon Johannes Nabers Film mit Katharina Schüttler, Sebastian Blomberg und Devid Striesow: Schließlich kommen die drei Unternehmensberater Frank Öllers, Kai Niederländer und Bianca März kaum vor die Tür ihrer immer gleichen Hotelsuiten irgendwo auf der Welt. Verhandelt, telefoniert und entlassen wird in klimatisierten Lounges. Ein Dialogstück mit schnellen Schnitten, wie gemacht auch für eine Bühne wie das Gostner Hoftheater.

Dort hat Regisseur Joosten Mindrup die Theaterfassung mit super-realistischem Bühnenbild (Ausstattung: Eva Adler) inszeniert, das die immer gleichen Räume in den Business-Hotels dieser Welt kenntlich macht. Denn die drei Unternehmensberater jetten unermüdlich in Schwellenländer mit dunkelhäutigem Personal, schwülem Klima und billigen Löhnen, um dort den Kapitalismus-Lehrlingen zu zeigen, wo der Hammer hängt.

 Zynisch und satirisch

Da kann man schon mal einem Inder (Irfan Taufik) erläutern, warum Pakistan der noch bessere Standort ist: „Indien ist viel zu gut vernetzt. In Pakistan liegt kreatives Potenzial!“ Das ist alles in zynisch und satirisch überspitztem Ton geschrieben, die Dialoge sind rasant und witzig, doch das Lachen bleibt einem schnell im Hals stecken: Wenn die ehemalige Entwicklungshelferin Bianca die Parks in der Stadt suchen will, verweist sie Kollege Niederländer auf die Shopping-Mall mit Apple-Store inklusive luftigem Hinrichtungsplatz. Öllert schnauzt am Telefon seine Frau an, die sich zuhause um den kranken Sohn kümmert, macht währenddessen die Hotelangestellte (Mona Fischer) an und fragt fast gleichzeitig die Kollegen: „People, Profit, Planet — macht euch das nicht feucht?“ Allmachtsfantasien eines karrieregeilen Managers, der allerdings bald merkt, dass das kein Leben ist.

Das Stück tippt viele Problemzonen an, vertieft sie aber nicht. Ob Schönheits-OPs ähnlich erniedrigend für Frauen sind wie Vollverschleierung, ob der Kapitalismus menschenverachtende Regimes verbessert oder zerstört, all das wird angesprochen, aber nicht ausgeführt. Vieles aus den Dialogen mag an nächtlichen Hotelbars den realen Handelsreisenden in Sachen Shareholder Value abgelauscht sein. Der Zynismus, mit dem sich widerborstige Verhandlungspartner gut weichklopfen lassen, schleicht sich blöderweise in die Gemüter ein und macht aus einem eigentlich feinfühligen Vater wie Öllert einen Widerling. Als seine Frau die Scheidung ankündigt, befielt er nur, sie soll die Kaffeemaschine da lassen....

Um noch eine weitere Ebene in die sarkastische Komödie einzuziehen, ist Bianca die Kollegin mit Gefühl, das sie auch nicht trügt, als die „Company“ plötzlich verkauft und den drei Außendienstlern vom neuen Besitzer ein Partner-Vertrag angeboten wird. Die Männer unterschreiben jubelnd, Bianca zögert. Zu Recht, wie sich herausstellen wird.

Dem genüsslich überzogenen Bilderbogen hätte eine noch größere Prise Irrwitz in der Inszenierung gut getan. Dennoch: Ein unterhaltsamer Blick auf den globalen Kapitalismus, der in seinen Auswirkungen wohl noch viel zynischer ist als diese Dialoge.

Aufführungen bis 1. Oktober, Karten-Tel. 09 11/ 216 27 77, www.gostner.de

Verwandte Themen


Keine Kommentare