Kantiger Tschaikowsky

21.1.2019, 19:44 Uhr

Ein Winteridyll? Nun ja, das titelgebende Werk des 12. Symphonischen Konzerts unter der Leitung von Chefdirigent Kahchun Wong wird wohl deutlich weniger in Erinnerung bleiben als das darauffolgende Programm. Gustav Holsts relativ unbekanntes Frühwerk "A Winter Idyll" (1897) weist – da keine Programmmusik – weder fröhlich-bimmelnde Schlittenmusik noch dramatische Lawinenabgänge auf, und war daher eher ein Aufwärmstück für die Symphoniker, die bald in Topform waren.

Das eigentliche Interesse des Konzerts lag sicher auf Peter Tschaikowskys Konzert für Violine und Orchester D-Dur op. 35 mit dem russischen Stargeiger Sergej Krylov. Der 48-jährige russische Violinist ohne Starallüren sorgte für Gänsehautmomente.

Bei größter Virtuosität schaffte er es auch immer, ausdrucksstark zu spielen, ohne in kitschige Romantik zu verfallen. Das manchmal Eckig-kantige seines Spiels konnte Tschaikowskys Konzert gut gebrauchen. Eine Gefahr des Versumpfens in Gefühlssentimentalität war somit nicht gegeben, und ein Kritiker wie Eduard Hanslick, der bei der Uraufführung 1881 schrieb, Tschaikowskys Stück sei Musik, "die man stinken hört", hätte sich so etwas bei Krylovs Interpretation zweimal überlegt.

Letztere war so mitreißend, dass das Publikum schon nach dem 1. Satz mit einer Kadenz, die für fast atemlose Stille sorgte, in Bravorufe und Beifall ausbrach. Aber auch die Canzonetta im 2. Satz war schön ausgespielt, und das sehr rasch angegangene
Finale überaus beeindruckend. Nicht unwesentlich ist dabei die Tatsache, dass Krylovs Töne selbst in den höchsten Lagen absolut sauber waren. Wong und die Symphoniker bildeten mit Präzision und dynamischer Flexibilität einen guten Gegenpol in diesem typischen Solistenkonzert.

Kein Wunder, dass es am Ende, nachdem auch Krylovs Bogen ein paar Haare hatte lassen müssen, Standing Ovations gab, was der Solist durch seine Zugabe von Paganinis Caprice Nr. 24 dankte.

Nach Krylovs Auftritt folgte noch ein monumentales Highlight aus Finnland: die Symphonie Nr. 2 D-Dur von Jean Sibelius. Auch hier zeigten Wong und die Symphoniker, was sie draufhaben, und boten nach dem Sibeliusschen Zusammenbau vieler musikalischer Mosaiksteinchen ein eingängiges und klangstarkes Finale. Ein wahrlich bewegendes Konzert!

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