Knackiger Wien-"Tatort": Mörderische Schnitzeljagd

14.1.2018, 21:45 Uhr
Ein Ritualmord in Wien? Eisner (Harald Krassnitzer) und Fellner (Adele Neuhauser) am Fundort der ersten Leiche (Faris Rahoma).

© ARD Degeto/ORF/E&A Film/Hubert Mican Ein Ritualmord in Wien? Eisner (Harald Krassnitzer) und Fellner (Adele Neuhauser) am Fundort der ersten Leiche (Faris Rahoma).

Allein deshalb, weil sich Episoden aus dem Ausland vor zumeist weniger bekannten Kulissen ereignen und die Filme – sieht man mal von den Kommissaren ab – vorwiegend mit hierzulande kaum populären Akteuren besetzt sind, heben sie sich von den deutschen "Tatort"-Folgen ab. Nur das macht diese Krimis natürlich noch lange nicht zu besseren Produktionen. Für ein paar schöne Farbtupfer auf der "Tatort"-Landkarte reicht es jedoch allemal. Zudem verpasst es dem Format ein kleines bisschen internationales Flair.

Apropos Flair, Österreichs Hauptstadt versprüht bekannterweise einen schier unglaublichen Charme. Und die hier Dienst schiebenden Ermittler Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser) erst recht. Das sich perfekt ergänzende Duett löst die sich ihnen in den Weg stellenden Fälle stets mit viel Geschick und jeder Menge Schmäh. Längst vorbei sind die Zeiten, in denen der Oberstleutnant alles andere als begeistert war, als man ihm die Majorin an die Seite stellte. Schließlich wusste er vom früheren Alkoholproblem der Kollegin und dass sie nach zwanzig Jahren bei der Sitte am Rande eines Burnouts stand.

Das ungleiche Paar reifte dennoch trotz aller Gegensätze Episode für Episode immer mehr zu einem echten Dream-Team heran. Inzwischen verbindet die Kommissare gar eine tiefe Freundschaft, die sowohl während als auch außerhalb der Dienstzeiten Bestand hat. Nach ihrem erfrischenden ermittlungstechnischen Ausflug in die Oststeiermark im letzten August, wo es die zwei Städter vor pittoresker Kulisse erst mit einem toten Afrikaner und anschließend einem gefährlichen Virus zu tun bekamen, und sie sich aufgrund eines dringenden Seuchenverdachts am Ende gar in einem Schneewittchensarg wiederfanden, spielt sich "Die Faust" ausschließlich innerhalb der Wiener Stadtgrenzen ab.

Übel zugerichtete Leichen

Darin wird der Austro-"Tatort" seinem Ruf als Krimi, in dem Leichen gerne auf besonders üble Art und Weise zugerichtet werden, wieder mal gerecht. Zunächst nagelt der Killer einen tätowierten Serben in einer leerstehenden Wohnung an die Wand, so dass der Tote in einer Kreuzigungspose erscheint. Anschließend stellt er einen von der Decke baumelnden Georgier in einer öffentlichen Toilette zur Schau. Darunter legt der Täter eine Schale voller wertvoller Münzen. Schließlich präsentiert der offenbar aus rituellen Gründen zu Werke gehende Verbrecher eine in ihrem Blut badende Ukrainerin auf einem Motorboot am Donauufer. Spuren hinterlässt der Mörder nie. Dafür die Inszenierung der Leichen.

Eisner und Fellner können sich lange keinen Reim auf die Morde machen. Bekannt ist nur, dass das tote Trio unter falscher Identität in Wien lebte. Eine der markanten Tätowierungen des ersten Opfers führt die Cops zu Nenad Ljubić (Mišel Matičević), einen auf Osteuropas Bürgerrechtsbewegungen spezialisierten Professor. Dabei geht dem Dream-Team ein Licht auf. Sie müssen das Pferd von hinten aufzäumen. Erst gilt es, die Herkunft der Toten zu klären. Ist die gesichert, führt sie das automatisch zum Mörder.

Jede Menge Spannung, aber wenig Schmäh

Damit fällt der Vorhang für eine spannende, wendungsreiche Tätersuche, bei der sogar die CIA eine Rolle einnimmt. Aufgrund dieser eher ernsten Gesamtsituation rücken in Christopher Schiers zweitem "Tatort" nach "Wehrlos" die sonst auf großer Flamme gekochten Frotzeleien zwischen den Protagonisten etwas in den Hintergrund. Komplett unter den Tisch fällt der Schmäh schon allein wegen Eisners grandiosem "Bullshit-Bingo" gleich zu Beginn zum Glück nicht. Dennoch spielt sich beispielsweise das innerhalb des Präsidiums aufkommende Gerangel um den vakanten Chefposten einer in Planung befindlichen zweiten Mordkommission und den damit verbundenen bissigen Dialogen unübersehbar nebenher ab.

So bleibt "Die Faust" in erster Linie ein knackiger Thriller mit Schockmomenten. Ein ästhetisch ansprechender obendrein. Hier hat man sich viele Gedanken gemacht. Die im Vorspann offenbar wahllos aneinandergereihten Bilder ergeben im Laufe der Handlung zunehmend Sinn. Sie sind Bestandteil des Puzzlespiels, das die Ermittler zusammenfügen müssen, um dem Täter auf die Schliche zu kommen. Die weiteren Aufnahmen von Kameramann Thomas W. Kiennast sowie die pointierten musikalischen Einschübe von Markus Kienzl untermauern den hervorragenden Gesamteindruck. Der 17. Eisner/Fellner-Fall ist daher ein durch und durch gelungener Film. Wenngleich einer mit weniger Humor als sonst. Schwamm drüber.

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