Kunstaktion: Das UN-Hauptquartier steht jetzt in Nürnberg

20.7.2018, 17:41 Uhr
Kunstaktion: Das UN-Hauptquartier steht jetzt in Nürnberg

© Eduard Weigert

Pousttchi will mit ihrem Hochhaus-Pavillon hoch hinaus. Nicht nur architektonisch: Vier mal zwölf mal vier Meter achtzig misst der Kubus, dem sie als "Gesicht" eine fotografisch verfremdeten Fassade des UN-Sekretariatshochhauses aus New York angeklebt hat. Auch gedanklich türmt sie Stockwerke auf. Die Organisation der Vereinigung aller Völker mit der Geschichte Nürnbergs zu verweben ist ihr erklärtes Ziel.

Kunstaktion: Das UN-Hauptquartier steht jetzt in Nürnberg

© Eduard Weigert

Was die Fassaden-Verfremdung betrifft, ist die Wahl-Berlinerin (Jg. 1971) Profi. In ähnlicher Manier hat sie zum Beispiel schon den abgerissenen Palast der Republik als Fototapete an der Frontseite des Temporären Kunstpalasts Berlin wiederauferstehen lassen. Und dem Wolfsburger Schloss zog sie die Skyline der höchsten Wolkenkratzer der Welt über.

Wenngleich sich ihr "UNN"-Kubus gut in die Kulisse am Neuen Museum fügt, ist Pousttchi ein solcher Eingriff nicht nur Mittel zum ästhetischen Zweck. Sie arbeitet bewusst ortsbezogen. Soll heißen: Die Nürnberger Stadtgeschichte hat die Künstlerin eingehend studiert, die auf Einladung von Museums-Direktorin Eva Kraus bis 7. Oktober den Klarissenplatz bespielt.

Kooperation mit Bewerbungsbüro zur Kulturhauptstadt

Dass die Noris nun einerseits als "Stadt der Rassengesetze" unrühmliche Geschichte geschrieben hat, sich aber andererseits auch durch die "Nürnberger Prozesse" der Alliierten ins kollektive Gedächtnis einbrannte, trieb Pousttchi zu der Frage: Hätte die UNO nicht aus historischen Gründen auch hier eine Dependance erhalten können? Gerade, weil doch das internationale Völkerrecht, das die Vereinten Nationen verhandeln, auch aus den Nürnberger Prozessen hervorgegangen sei?

In Gestalt der "UNN"-Zweigstelle stationiert die vielseitige Künstlerin und Tochter deutsch-iranischer Eltern die Vereinten Nationen temporär in Nürnberg. Die Installation wird von einer Reihe Begleitveranstaltungen flankiert (Infos links). Dabei handelt es sich um eine Zusammenarbeit von Neuem Museum und dem Nürnberger "Bewerbungsbüro Kulturhauptstadt Europas 2025".

Das Hochhaus des UN-Hauptquartiers in New York, das Pousttchi als Vorlage nutzte, wurde übrigens von einem Architekten-Kollektiv entworfen, zu dem Stars wie Le Corbusier und Oscar Niemeyer zählten. Die Nürnberger Museumsarchitektur von Volker Staab mitsamt der Glasfassade befindet sich also den Sommer über in guter Gesellschaft.

Das Bewerbungsbüro "Kulturhauptstadt Europas 2025" hält am Kunst-Kubus am Klarissenplatz jeden Donnerstag von 16 bis 18 Uhr eine Sprechstunde ab. Dort können Nürnberger ihre Ideen, Kritik, Visionen zu dem Projekt ansprechen und finden Gehör. Mehr Infos gibt's hier.

Verwandte Themen


Keine Kommentare