Lebenslust und Todesnähe

1.5.2017, 18:26 Uhr

Schon bei der Uraufführung der "Liebesliederwalzer" op. 52 nach Gedichten von Georg Friedrich Daumer saßen in Karlsruhe Clara Schumann und Bayreuth-Dirigent Hermann Levi vierhändig am Klavier. Aus der jüngeren Vergangenheit sind CD-Aufnahmen mit Barbara Bonney oder Marlis Petersen an der Spitze des Vokalquartetts in bester Erinnerung.

Der zugkräftige Name für die PMV-Aufführung war Tenor Julian Prégardien, zur Zeit einer der gefragtesten jugendlich-dramatischen Sänger seines Fachs – erblich durch Vater Christoph vorbelastet. An seiner Seite der in Nürnberg bestens bekannte, markante Bariton Martin Berner, Prégardiens Ehefrau Iris und der alles mühelos überstrahlende Sopran von Lydia Teuscher; am Klavier fungierten abwechselnd oder vierhändig Ainoa Padrón und Christoph Schnackertz: vokaler und pianistischer Luxus und im Publikum ein offenbar wiedererwachtes Gefallen an "süßen Mädchen", an Scherzen, Lachen, Küssen.

Was nach biedermeierlichem Nippes aussieht, das sind oft charaktervolle Lieder zwischen Lebenslust und Todesnähe, auch Spiegelbilder sozialer Lebensbedingungen. In "Zigeunerliedern", "Volksliedern" und in den "Liebesliederwalzern" hat Brahms seine dramatische Ader ausgelebt, führt die Stimmen raffiniert und rollentypisch.

Für die Sänger verbietet sich jede egoistische Profilneurose: die Mischung macht’s, und die stimmte trotz minimaler Qualitätsunterschiede und Prégardiens geschickt überspielter Erkältung hervorragend. Ohne alles Schrille, Grelle bei den Frauenstimmen, bei den Männern mit heißer Liebe und inniger Lyrik.

Viel Ausdruckskraft

Gerade das Balladeske der "Volkslieder" trafen die Vier mit exakter Deklamation und viel Ausdruckskraft. Bei den vor Einfällen sprühenden Walzern kam der treffend kombinierte Zusammenklang der Stimmen besonders zur Geltung: Die Expression muss in diesen kurzen Impressionen auf Anhieb sitzen – besonders gelungen: "Ein kleiner, hübscher Vogel".

Die Sänger unterstützen die verbalen durch hübsche gestisch-mimische Pointen, durch eine passende Prise Ironie. Dazu sorgt der vierhändige Klaviersatz für noch mehr Farben. Attacca anschließend an die Liebeslieder gab es noch eine kleine Auswahl der "Neuen Liebeslieder" und deren bewegenden Abschluss mit Goethes Worten "Nun, ihr Musen genug".

Nächstes PMV-Konzert: 12. Mai, "Minetti-Quartett". Am 7. Mai gastieren Christoph und Julian Prégardien im Reitstadel Neumarkt.

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