Liebe auf Rollrasen: Nürnberger Südstadt feiert Kulturfest

18.9.2018, 16:26 Uhr
Liebe auf Rollrasen: Nürnberger Südstadt feiert Kulturfest

© Montage: Projektbüro Nürnberg

Südstadt heißt Lärm, hoher Ausländeranteil, fehlendes Grün. Das wissen sogar Menschen, die nicht direkt in Nürnberg wohnen, viele meiden das Stadtviertel — und verpassen so einiges. Daran will das Kulturreferat mit dem Bewerbungsbüro zur Kulturhauptstadt jetzt etwas ändern. "Wir haben uns bewusst für die Südstadt entschieden, denn Migration ist eines der Zentralen Themen im Bewebungsprozess", erklärt Andreas Radlmaier, Leiter des Projektbüros am Kulturreferat.

Joachim Wagner, der die Kulturhauptstadt-Bewerbung leitet, sagt es noch drastischer: "Wir sind hier an der Schlagader der Stadt, mit allem Positiven und Negativen." Ein mobiles Büro seiner Abteilung ist mit mehrsprachigen Mitarbeitern durch die Südstadt gezogen und hat die Anwohner angesprochen: Was heißt für sie Kultur, wie soll sich ihr Viertel entwickeln? "Die Antworten reichten von totaler Ablehnung über Unverständnis bis zu Freude und neuen Ideen", berichtet Wagner. Auch, dass hier viele negativ über Flüchtlinge reden (übrigens auch Migranten der ersten Generation) oder andere sich in ihren Communities völlig abschotten.

Begegnungen in Hinterhöfen

"Genau das ist es, was wir durch Begegnung aufbrechen wollen", so Wagner. Am 29. September steigt also ein Aktionstag: Die Wölckernstraße wird am Freitag (28. September) ab 10 Uhr gesperrt, statt Teer ziert dann Rollrasen den Abschnitt zwischen Hummelsteiner Weg und Pillenreuther Straße. Eine grüne Begegnungsstätte, von der aus man zu Veranstaltungen in Läden, Hinterhöfen und sogar Wohnungen kommen kann.

Liebe auf Rollrasen: Nürnberger Südstadt feiert Kulturfest

© Foto: Berny Meyer

Etliche freie Gruppen, Kultur-Institutionen der Stadt, Anwohner und Ideengeber wurden seit April angesprochen. Regisseur Malte Jelden führt die Fäden zusammen. "Wir haben uns ,Liebe‘ als übergreifendes Thema ausgesucht und Bürger aufgefordert, uns eine Geschichte zu schicken, in der es um Liebe geht — zwischenmenschliche, aber auch die zu ihrer Stadt."

Texte zur Liebe

Herausgekommen ist eine vielfältige Text-Auswahl, die von Schauspielern vorgetragen wird. In einem lauschigen Hinterhof sollen aber auch echte Liebespaare ganz verschiedener Herkunft eine Szene aus "Romeo und Julia" in unterschiedlichen Sprachen spielen. Es gibt Schnupperkurse in 13 Sprachen, Gesang von sechs Chören verschiedener Kulturen, einen "Vertikaltanz" an der Fassade des Musikhauses Klier, Musik-Workshops und, ganz zentral mitten auf der Kreuzung, die "Speaker’s Corner", wo man mit Oberbürgermeister Ulrich Maly und vielen anderen diskutieren kann.

Debatten erwünscht

"Wir wollen einen Anstoß zum Kommunizieren geben, das kann auch Streitkultur sein", sagt Wagner. Dass die meisten der Geschäftsleute, bei denen angefragt wurde, sehr offen waren, freut das Team. "Das kann nur gut werden, meine ganze Familie freut sich drauf", sagt Hassan Sel euphorisch, der in der Wölckernstraße nicht nur seinen Handyladen zur Verfügung stellt, sondern auch seine Wohnung. "Wenn es nichts wird, sind die Leute selbst schuld", ist er überzeugt.

Dass das ganze nicht nur eine Eintagsfliege, sondern nachhaltig wird, ist beabsichtigt: "Wir haben viele Statements der Bewohner gesammelt und sammeln weiter", sagt Joachim Wagner. "Danach geben wir uns eine Woche Zeit, das auszuwerten". Kulturreferentin Julia Lehner sieht im "Boulevard Babel" ein Beispiel für Projekte, die mit Beteiligung der Bevölkerung entstehen können. Im besten Fall werden Wünsche und Anregungen der Bürger später umgesetzt. Das Minimalergebnis ist aber: Begegnung unter denen, die eigentlich nebeneinander wohnen, aber nie miteinander sprechen.

29. September, 13–19 Uhr, Eintritt frei, Infos unter www.nuernbergkultur.de, ein Faltblatt liegt aus.

Verwandte Themen


1 Kommentar