Literarische Begegnungen im Biergarten

22.4.2016, 19:46 Uhr
Literarische Begegnungen im Biergarten

© Foto: Roland Fengler

Das  Thema „Biergarten” ermunterte Ende 2015 rund 400 Schreibfreudige zur Teilnahme an einem Schriftstellerwettbewerb, den der Cadolzburger Verlag ars vivendi in Kooperation mit den Nürnberger Nachrichten ausgeschrieben hatte. Die Bewerber kamennicht nur aus Franken, sondern aus ganz Deutschland, aus Österreich und der Schweiz. Sogar Deutschsprachige aus den USA, aus Frankreich, Dänemark und Indonesien beteiligten sich.

Nach sorgsamer Prüfung der eingegangenen Manuskript-Flut kam eine Fachjury zu der nicht ganz neuen Erkenntnis, dass den meisten Autoren die dunklen Seiten des menschlichen Lebens literarisch ergiebiger erscheinen als die hellen. Der Biergarten als Ort des Frohsinns und des bodenständigen Vergnügens spielte daher in den meisten Bewerber-Texten nur eine untergeordnete Rolle. Tatsächlich belegten am Ende die beiden ersten Plätze auf der Jury-Bestenliste eine Autorin und ein Autor, deren Geschichten eher düster sind. Auch nicht wirklich heiter ist der Beitrag des letztlich Drittplatzierten.

Eine Kurzgeschichte sei die literarische Darstellung „einfacher Dinge”, hat Ernest Hemingway, der Altmeister der Short Story, behauptet, und „eins der allereinfachsten Dinge und das Fundamentalste ist der gewaltsame Tod.” Diese Meinung teilt offenbar die Gewinnerin sowohl des 1. Jury-Preises (1000 Euro) als auch des Publikumspreises (Büchergutscheine im Wert von 250 Euro) beim Fränkischen Kurzgeschichten-Wettbewerb: Die in Bad Windsheim lebende Autorin Herta Dietrich, Jahrgang 1966, überzeugte allseits mit einer Erinnerung an einen jähen Tod. Ein verliebter junger Mann will seiner Angebeteten einen kleinen Dienst erweisen und bricht sich dabei den Hals.

Nichts ist von Dauer

Damit ist er „aus der Zeit gefallen”, wie die Verfasserin schreibt. Das Leben geht weiter ohne ihn, nichts ist von Dauer, Menschen altern, Liebe und Leidenschaft vergehen. Nur der tragisch Verunglückte geistert durch die Erinnerung als ewig Junger, ewig Verliebter, ewig Übereifriger. „Dem Text gelingt es, ebenso wehmütig wie lebensbejahend, ebenso spannend wie feinfühlig zu sein”, urteilte die Jury.

Die preisgekrönte Geschichte fand Aufnahme in den bibliophil ausgestatteten Band „Biergartenlandschaften” mit Zeichnungen und Kurzgeschichten, herausgegeben von Elmar Tannert und prachtvoll illustriert von Fredder Wanoth, der jetzt im ars vivendi Verlag erscheint.

Den zweiten Preis (dotiert mit einem Büchergutschein im Wert von 200 Euro) vergab die Jury an den 1971 geborenen Bamberger Autor Michael Heger. Er berichtet in seiner Kurzgeschichte von Menschen, die für einen todkranken Freund ein letztes großes Fest in einem winterlichen Biergarten veranstalten. Die Juroren lobten in diesem Fall vor allem die „authentischen Dialoge” und die „atmosphärische Dichte” des Erzählten. Hegers Geschichte zeige, „wie emotional gute Literatur sein kann.”

Kritischer Stil

Einen mehr kritisch-distanzierten Erzähl-Stil bevorzugt Adelhard Winzer, der Gewinner des dritten Preises (Gutschein im Wert von 100 Euro). Die von ihm vorgelegte Geschichte dokumentiert den Biergarten-Besuch eines kleinbürgerlichen Paares. Die Konversation der beiden Leute besteht fast ausschließlich aus verbalen Sticheleien. Mit dem Kellner reden sie in einer Art, bei der sich plumpe Vertraulichkeit und boshafte Nörgelei ständig abwechseln. „Realismus pur”, wie die Juroren anerkannten.

Mehr Dichtung und Wahrheit zum Thema Biergarten bietet eine Veranstaltung mit Lesungen aus den beiden Buch-Neuerscheinungen „33 Biere” und „Biergartenlandschaften” am 28. April, 19 Uhr, im Casablanca Filmkunstheater, Brosamerstr. 12, Nürnberg.

Biergartenlandschaften — Zeichnungen und Kurzgeschichten, hrsg. von Elmar Tannert: 127 Seiten, 22,90 Euro.

Anders Möhl, Elmar Tannert: 33 Biere – Eine Reise durch Franken. 138 Seiten, 15,90 Euro. (Beide im Verlag ars vivendi, Cadolzburg)

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