Lob der Vielseitigkeit

7.3.2016, 19:07 Uhr
Lob der Vielseitigkeit

© Foto: Kohler

Denn was den Philharmonischen Chor heute ganz offenbar auszeichnet, ist seine Beweglichkeit: Er macht sich und Nürnberg bis nach China hin bekannt, kann stolz sein auf eine geglückte Personalpolitik und beweist gerade mit diesem Konzert seine Vielseitigkeit in der Programmgestaltung.

Nach der langen Epoche unter Gerhard Rilling kommen von Gordian Teupke neue dirigentische Impulse, löst die Zusammenarbeit mit dem „KölnChor“ die laienchorüblichen Besetzungsprobleme. Die Kölner schickten per Programmheft beste Grüße, standen zuhause aber am gleichen Abend mit Brahms auf der Bühne. Mut zu Neuem, Kompetenz im Standard-Chor-Repertoire: das sollte die Nürnberger Spezialitäten-Parade vor prominentem Publikum und vollbesetzten Reihen unter Beweis stellen.

Teupke hatte das vokale Tafelsilber fürs Fest-Menu gehörig poliert: zuerst für die schauerliche Blocksbergatmosphäre von Modest Mussorgskys „Nacht auf dem kahlen Berge“ (Solist: Bariton Oliver Weidinger). Da zeigte der Chor, was er an Volumen und Artikulation für eine anschauliche Charakterisierung einsetzen kann (auch zusammen mit dem „jungen Chor der Musikschule Nürnberg“).

Opernhaftes Klangspektakel

Teupke ist der Mann, der Feuer und Dramatik für dieses opernhafte Klangspektakel entfacht. Der kurze Blick danach ins klassisch-romantische Repertoire zeigte bei Schubert (D 175) wohlige Klanggestaltung. Während sich in Leonard Bernsteins „Chichester Psalms“ unterstrich, was Choristen wirklich motivieren kann: Freude am lustbetonten Singen, an mitreißenden Rhythmen, darstellerischer Gestaltung und emotionaler Hingabe. Genauso alt wie der Philharmonische Chor: Bernsteins Parallelstück zu Orffs „Carmina burana“ gelang besonders bewegend im Zusammenwirken eines fabelhaft intonierenden Tölzer Chorknaben mit dem feinen Gespinst der Nürnberger Frauenstimmen oder dem balsamischen „Adonai“-Einsatz der Männer. „Adonai“ ist einer der hebräischen Ersatzbegriffe für die direkte Gottesanrede.

Weltoffenheit nicht nur bei den Chorreisen, sondern auch im Chorrepertoire: Die „Misa Tango“ des argentinischen Filmkomponisten Luis Enriquez Bacalov gelang in mitteleuropäischer Temperierung mit beachtlichen Kollektiv- und Soloemotionen, mit dem Einsatz der den ganzen Abend über blendend aufgelegten Nürnberger Symphoniker und in einer unaufdringlichen Authentizität: auch bei den Vokalsolisten Ruth Volpert und Ricardo Tamura sowie beim zum Bandoneon umfunktionierten Akkordeon von Stefan Hippe. Am Ende stand kein schmetternder Geburtstagstriumph, sondern die innig-bescheidene Bitte um Frieden.

Nächstes Konzert des Philharmonischen Chors: 13. Juli in Erlangen mit dem Verdi-Requiem; Karten unter Tel. 09 11/ 54 18 36.

Keine Kommentare