Mantras - Musik, Magie oder Medizin?

19.6.2018, 14:13 Uhr
Mantras - Musik, Magie oder Medizin?

© Foto: Alpenrepublik

Frau Wyss, wie kamen Sie auf die Idee einen Film über Mantra-Singen zu drehen?

Georgia Wyss: Ich hatte eine Freundin in meinem Alter, die an Krebs er
krankt ist und die ich fünf Jahre lang begleitet habe. In dieser Zeit habe ich die Musik von Deva und Miten kennengelernt. Diese Musik hat mir viel Kraft gegeben bei der Sterbebegleitung. Es ist schwer zu erklären, aber es hat mir dabei geholfen, einzusehen, dass der Tod nicht so schlimm ist.

 

War es schwierig, einen Dokumentarfilm zu diesem speziellen Thema ins Kino zu bringen?

Wyss: Es hat ein bisschen gedauert, aber eigentlich war es nicht schwierig, obwohl wir den Film ganz ohne Fernsehen produziert haben. Im März kam mein Film in den USA ins Kino, jetzt folgen Deutschland und Österreich, im Gespräch sind wir schon mit Australien und Kanada.

 

Soll Ihr Film eine Art Bestandsaufnahme oder mehr Werbung für die Mantra-Bewegung sein?

Wyss: Es handelt sich um eine so schöne, heilsame Bewegung, das Theman hat einfach einen Film verdient. Man kann ja nur schwer in Worte fassen, wie einen diese Musik berührt, aber zeigen kann man es. Immer mehr Menschen interessieren sich dafür.

 

Was bedeutet Mantra-Singen für Sie persönlich? Wie erklären Sie sichden wachsenden Erfolg dieser Musik?

Deva Premal: Das ist es, was der Film so toll rüberbringt. Für mich geht es um die Gemeinschaft und das Zusammenbringen von Menschen jenseits von Religion. Wir kommen zusammen, um zu singen, was wir nicht verstehen. Es geht uns nicht um Antworten wie den Religionen. Es geht um die globale Familie und den Ausdruck von Freude, wir sitzen alle im selben Boot, auf der Bühne wissen wir es auch nicht besser.

Ist dieses musikalische Wohlfühlprogramm nicht auch eine Art Weltflucht?

Miten: Es ist eine Flucht vor den Zumutungen und der Gewalt in der Welt, eine Flucht vor dem Stress. In unseren Konzerten fühlt sich niemand gestresst. Jeder vergisst das, hört zu und singt mit. Ja, es ist eine Flucht, aber eine Flucht in eine Realität, in der wir lieber leben möchten. Niemand lebt gerne in einer Realität, in der er sich mit Donald Trump und Nord-Korea beschäftigen muss.

 

Heißt das nicht, die Augen vor der Realität zu verschließen?

Miten: Nein. Wir gehen mit offenen Augen durch die Welt, und gerade das macht ja die Magie aus. Es geht uns nicht um Unterhaltung oder Geld, sondern um spirituelle Erfahrungen, die das Leben verändern. Ich kenne die leidvollen Erfahrungen, die Schmerzen und Probleme der Sänger, die im Film vorkommen, und ich habe gesehen, wie sie sich verändert haben. Es geht um Grenzen und wie man sie überwindet.

 

Sind Mantras für Sie so etwas wie Magie oder Medizin?

Miten: Ich spüre immer mehr, dass es in gewisser Hinsicht medizinische Wirkung hat. Ich habe das selbst erlebt. Zum Beispiel, wenn ich in der Nacht aufwache und mich einsam fühle: Wenn ich für mich Mantras singe, vertreiben sie dieses Gefühl der Verlorenheit. Wenn man mit anderen singt und atmet, stellt sich als Nebenprodukt ein Gemeinschaftsgefühl ein. Es kommt nicht auf die Sprache, sondern auf den Klang an. Auch wenn man kein Sanskrit kann – und das können die meisten nicht – funktioniert das seltsamerweise. Wir merken das bei unseren Auftritten, egal ob wir in Polen, Russland oder Australien sind. Wir singen zusammen in einer Sprache, die wir nicht verstehen, das macht uns alle gleich. Der Kern der Mantras ist die heilsame Wirkung. Die Heilkraft dieser Klänge hat man vor tausenden von Jahren in Indien entdeckt. In unseren Konzerten gibt es Seelennahrung. Und das Publikum bekommt einen Schlüssel zu einer besseren Realität. Mantras öffnen Türen.

 

Deva Premal: Mantras kosten nichts und wirken wie Aspirin , egal, ob man daran glaubt oder nicht. Sie erzeugen ein Gefühl der Verbundenheit – und das macht glücklich. Wir haben das gemerkt, als wir vor den Insassen im amerikanischen Zuchthaus St. Quentin aufgetreten sind, aber auch als wir für autistische Kinder gesungen haben. Das war wahnsinnig berührend. Mantra-Singen macht die Welt ein kleines bisschen friedlicher.

 

Wird’s auf Dauer nicht langweilig, Mantras zu singen?

Miten: Popkünstler müssen ihre Songs singen, gleichgültig ob sie in Stimmung sind oder nicht, sie müssen auf der Bühne Gefühle reproduzieren, zum Beispiel über eine längst beendete Liebesaffäre. Bei Mantras geht es nicht um Emotionen, das ist der große Unterschied. Jedes Mal, wenn man sie singt, ist es etwas Neues, deshalb ist es auch nicht langweilig. Immer wenn man an der Wunderlampe reibt, tritt der Geist in Erscheinung.

 

Sie sind seit Jahren ständig auf Tour. Was bedeutet Heimat für Sie?

Deva Premal: Die Heimat ist in mir drin, ich fühle mich überall zuhause. Ich bin gerne in Nürnberg, aber ich bin auch gerne wieder weg.

Deva Premal und Miten gastieren auf ihrer Welttournee am 1. November in der Fürther Stadthalle.

www.devapremalmiten.com

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