Mit Mut zum Muskel

22.2.2016, 21:05 Uhr

Gleich zu Beginn des Konzerts beweist er bei Ravels „Tombeau de Couperin“, dass er diese neoklassische Hommage an das Barockzeitalter in fast heiterer und transparenter Eleganz leuchten und tanzen lassen kann. Doch dann betritt ein Mann die Bühne, der ihm glatt die Show stiehlt. Nemanja Radulovic debütierte vor gut 9 Jahren bereits mit den Nürnberger Symphonikern. Seither ist dieser serbische Heißsporn mit seiner kaum zu bändigenden Haarmähne auf vielen Festivals zu Hause und gewann zahlreiche prestigeprächtige Preise mit seinem Geigenspiel.

In Chaussons „Poème“ für Violine und Orchester kann er sein lyrisches Potential zeigen, das auch im leisesten Piano eine Intensität bewahrt, die noch die hinterste Reihe erreicht. Einem weiteren Werk Ravels fällt das Privileg zu, Radulovic’ künstlerisches Alleinstellungsmerkmal hervorzuheben. In dessen „Tzigane“ versucht die Musik nichts anders, als die gängigen Formen und Spielarten ungarischer Volksmusik aufzugreifen und auf höchstem Niveau zu präsentieren.

Nemanja Radulovic erledigte das nicht nur mit blendender Technik, sondern auch mit muskulösem Mut, der sich auch vor einem rauen, ungehobelten Ton nicht scheut. Bereits die erste Solokadenz vor dem Orchestereinsatz lässt Staunen – und macht vergessen, dass Ravel bei seinen Temporelationen zwischen schnell und langsam dem Orchester frappierende Umbrüche zumutet. Mit einer kleinen, aber halsbrecherischen Auswahl aus Paganinis Solo-Variationen verabschiedet sich der Serbe vom Publikum, das ihn stürmisch für diesen denkwürdigen Auftritt feiert.

Der zweite Teil gehört der Nürnberger Erstaufführung von Silvestre Revueltas „La Noche de los Mayas“. Als Musik für einen 1939 entstandenen Film über die untergegangene Maya-Kultur mag dieses Werk seine Funktion erfüllt haben. Im Konzertsaal überzeugen die bombastische Eröffnungssequenz wie die weiteren drei Suiten des Mexikaners nur bedingt.

Zwar führen die rhythmisch komplexen Herausforderungen zu einer Kooperation zwischen der Schlagzeugklasse der Hochschule und den Symphonikern; die Partitur hat aber etwas krampfhaft Didaktisches, wenn jedes Schlaginstrument zum eigenen Solo ansetzt. Das Programmheft nennt es: „archaisch“.

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