Mit sanften Klängen zum Pop-Erfolg: The Air We Breathe

8.6.2018, 17:09 Uhr
Mit sanften Klängen zum Pop-Erfolg: The Air We Breathe

© Foto: André Heßler

Herr Schuster, Sie selbst haben früher in einer Punkrockband gesungen, die anderen in der Band kommen aus dem Crossover- und Metal-Bereich. Wie kam es zu diesem doch recht krassen Wechsel von harter Aggressivität zu introspektiver Melancholie?

Christoph Schuster: Das hat schon mit dem einen oder anderen Schicksalsschlag zu tun. Vor knapp vier Jahren ist mein Vater von heute auf morgen verstorben. Zu dem Zeitpunkt war mir zwar schon klar, dass ich eher melancholische Musik machen möchte, aber das hat mich dann noch mal bestärkt. Alles auf der Platte ist hundert Prozent autobiografisch. All diese Songs bauen auf diesem Schicksalsschlag auf – die Gefühle danach, was in mir vorgeht, wie man das verarbeitet, all das habe ich versucht, auf die Platte zu packen. Was noch krasser war: Als wir mit den Aufnahmen fertig waren, ist der Vater unseres Schlagzeugers verstorben. An genau diesem Tag hatten wir ein Konzert in der Muz Nürnberg und wir hatten natürlich überlegt, ob wir es absagen. Aber Chris hat gesagt, wir müssen unbedingt spielen, das hätte sein Vater auch so gewollt. Wir hatten damals auch einen Song, der nur für meinen Vater war, "Every Monday". Der Song steht jetzt für seinen und meinen Dad.

Hat die Musik für Sie auch eine therapeutische Wirkung?

Schuster: Das dachte ich früher auch immer. Ich dachte, man schreibt sich solche Sachen von der Seele, packt es auf ein Album und dann kann man loslassen und etwas Neues machen. Aber so ist das überhaupt nicht. Ich muss die Songs immer wieder durchleben, wenn wir sie live spielen, sonst kommt das Gefühl einfach nicht rüber. Manchmal fällt es mir wahnsinnig schwer, diesen einen Song zu singen, weil ich überhaupt keine Lust habe, da schon wieder durchgehen zu müssen. Das ist aufreibend, aber die Musik braucht das auch, um authentisch und ehrlich rüberzukommen.

Nun habt ihr als Band gleich mit dem ersten Album einen Plattenvertrag bekommen – passt jedem von euch Vieren diese Geschwindigkeit?

Schuster: Jeder von uns hat einen Job, ich bin der Einzige, der kein Haus und keine Kinder hat. Von daher sind unsere Ziele relativ realistisch. Wir wollen uns auf alle Fälle langfristig etablieren und nicht mal schnell dabei sein und dann wieder schnell verschwinden. Wir wollen einfach unsere Musik verbreiten, unseren Bekanntheitsgrad vergrößern: Wenn wir irgendwann demnächst mal eine Deutschlandtour spielen und bei jedem Klub-Konzert kommen 150 Leute, dann ist das das Nonplusultra.

Mit sanften Klängen zum Pop-Erfolg: The Air We Breathe

© Hauke Höpcke

Was machen Sie beruflich?

Schuster: Ich bin Energieelektroniker. Wobei die Doppelbelastung schon extrem ist. Oft musst du früher abhauen, um es rechtzeitig zum Gig zu schaffen. Dann arbeitest du bis Mittag, fährst mit den Jungs im Tourbus nach Weimar, spielst dort vor zwanzig Leuten, packst alles zusammen und fährst wieder heim. Das ist rational nicht zu erklären, es macht einfach keinen Sinn – aber es ist trotzdem ein geiles Gefühl.

Welchen Stellenwert hat Musik in Ihrem Leben?

Schuster: Ich merke gerade jetzt, wo das Album fertig ist und alles auf einem anderen Level läuft als noch vor einem halben Jahr, dass ich es manchmal übertreibe. Musik ist in meinem Kopf einfach allgegenwärtig, grundsätzlich, jeden Tag, jede Minute. Das schränkt mich in meinem normalen Alltag schon ein, weil ich im Kopf immer woanders bin. Das ist sehr anstrengend, ich werde immer verpeilter, vergesse meine Termine. Ich muss schon aufpassen, dass es nicht zu viel Raum einnimmt. Es gibt auch einen Song zu diesem Thema auf dem Album, "Shame".

Gäbe es eine Alternative? Könnten Sie die Musik einfach mal für ein Jahr seinlassen?

Schuster: Auf gar keinen Fall. Ich würde eingehen. Wenn ich zwei Wochen im Urlaub bin und habe meine Gitarre nicht dabei, dann ist es wahnsinnig schwer, da durchzukommen.

Am Freitag, 8. Juni, spielt die Band beim Neumarkter Altstadtfest als "Late Night Special" ab 23 Uhr auf dem Residenzplatz, auch sind sie beim Bardentreffen auf der Muz-Bühne (Lorenzer Platz) dabei.

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