Münster-"Tatort": Deadly Dancing im Tanzsport-Milieu

8.5.2016, 21:45 Uhr
In "Ein Fuß kommt selten allein" ermitteln Thiel und Boerne in der schillernden Welt des Profitanzsports.

© WDR/Martin Menke In "Ein Fuß kommt selten allein" ermitteln Thiel und Boerne in der schillernden Welt des Profitanzsports.

Stefan Cantz und Jan Hinter zeichnen erneut für das Skript einer Münsteraner "Tatort"-Folge verantwortlich. Die beiden Erfinder der Figuren Thiel und Boerne liefern mit "Ein Fuß kommt selten allein" ihre inzwischen elfte Drehbucharbeit ab.

Nachdem in der vergangenen Episode das Autoren-Trio Silber/Wettcke/Erkau den Ton vorgab und seine beiden Hauptdarsteller in ein Sanatorium am Aasee beorderte, wo sie es mit skurrilen Heimbewohnern zu tun bekamen, siedeln Cantz und Hinter ihren Fall im Profitanzsportmilieu an. Trotz anderer Kulisse ändert sich unterm Strich wenig. Erneut gibt es die gewohnte Münsteraner Melange aus Spannung und Slapstick zu belächeln.

Münsters Fred Astaire

Alles beginnt mit dem Fund einer skelettierten Leiche im Wolbecker Wald. Die menschlichen Überreste erweisen sich als das vermisste Mitglied der Tanzsportgruppe Blau-Weiß Münster. Alberich (Christine Urspruch) stellt fest, dass Elmira Dumbrova keines natürlichen Todes starb. Da die Moldawierin kaum soziale Kontakte außerhalb der Sportlertruppe unterhielt, betreibt Thiel (Axel Prahl) Nachforschungen im Vereinsheim der Truppe.

Dort angekommen trifft er zunächst auf Staatsanwältin Wilhelmine Klemm (Mechthild Grossmann). Weil sich ihr eigentlicher Tanzpartner kurzerhand aus dem Staub machte, hat Thiels Chefin mit der sonoren Stimme Professor Boerne (Jan Josef Liefers) zum Tangokurs verpflichtet. Thiel ertappt Klemm und Münsters Fred Astaire mittendrin bei einer flotten Einlage auf blank geputztem Parkett, die der Präsident der Blau-Weißen, Orthopäde Winfried Steul (Thomas Heinze), höchstpersönlich leitet. Klar, dass dieses Schauspiel von Thiel nicht unkommentiert bleibt.

Die Mitteilung über den Tod der vermissten Tänzerin passt Karrierist Steul überhaupt nicht in den Kram. Das Team der geleckten Vereinsoberen steht kurz vor dem entscheidenden Turnier um dem Aufstieg in die Bundesliga. Da sorgt jede Nachricht dieser Art für unnötige Unruhe. Ähnlich sieht das Andreas Roth (Max von Pufendorf), der einbeinige Coach der Truppe.

Typischer Klamauk

Spätestens jetzt driftet die Geschichte in das für Münster so typische Klamaukfach ab. So findet Thiels "Vaddern" (Claus von Clausnitzer) auf der Suche nach berauschenden Pilzen einen abgetrennten Männerfuß im Wald. Dann betreten erst ein depressiver Afghanistan-Rückkehrer der Bundeswehr und im Anschluss ein taubstummer, vermeintlicher Vetter von Elmira die Bühne.

Immerhin bleibt die Mördersuche dank einiger geschickt eingewobener Finten und Nebenstränge relativ spannend. Und unterhaltsam, da die Marotten der Hauptfiguren wieder bis ins Detail zelebriert werden. Nach einem tieferen Sinn sollte man in diesem Tatort allerdings nicht fahnden.

So sehr die Story mal wieder an den Haaren herbeigezogen ist, so sehr imponieren allein schon die Auftritte von Thomas Heinze und Max von Pufendorf als erfolgshungrige Profisportfunktionäre, die dem Erfolg alles unterordnen. Bereits Heinzes schmucker Schnauzer verdient Anerkennung. Auch wenn die gewohnten Frotzeleien zwischen Thiel und Boerne zeitweise an Banalität kaum mehr zu überbieten sind, legen selbst sie einen schwungvollen Auftritt hin.

Profitänzer mit dabei

Nach "Tanzmariechen" ist der Tango Mortale aus Münster Thomas Jauchs zweiter Film mit erheblichen Tanzszenen. Der Regisseur zeigte sich hoch erfreut, als er den Zuschlag erhielt. Er sprach aber auch von einer schwierigen Aufgabe, vier Schauspieler in die zwölfköpfige Tanzformation der TSG Brühl so einzubauen, dass der Zuschauer den Eindruck hat, die vier Darsteller gehören schon immer dazu.

Die harte Arbeit, Choreographien wieder und wieder mit bis zu drei Kameras zu drehen, hat sich allerdings gelohnt. Das Resultat sind temporeiche Bilder, auf denen nur mehr Fachleute Schauspieler von Profitänzern unterscheiden können. So gibt "Ein Fuß kommt selten allein" zumindest in dieser Disziplin eine gute Figur ab.

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