Münsteraner "Tatort"-Star kommt nach Nürnberg

20.10.2016, 18:00 Uhr
Münsteraner

© Foto: Daniel Sadrowski

Natürlich ist die „Tatort“-Rolle nur ein winziger Ausschnitt aus dem, was Mechthild Großmann künstlerisch auszeichnet. Jahrzehntelang hat die gebürtige Münsteranerin mit Tanzikone Pina Bausch zusammengearbeitet, gehörte seit 1976 zu deren wichtigsten Wuppertaler Protagonisten, hat unzählige Hörbücher veröffentlicht und steht seit drei Jahren als Claire Zachanassian in Dürrenmatts „Besuch der alten Dame“ sehr erfolgreich auf der Bühne des Bochumer Schauspielhauses. „Die drei, vier Drehtage ,Tatort‘, die mir immer viel Spaß machen, stehen aber sicher nicht im Zentrum meiner künstlerischen Arbeit“, meint die 67-Jährige.

Und wie kam sie nun an das „Hiob“-Projekt? „Ganz einfach: ich erhielt einen Anruf von Denny Wilke, der mich anfragte.“ Viele werden den 37-jährigen Organisten kennen. Studierte er doch bis 2006 Orgel an der hiesigen Musikhochschule bei Michael Schönheit und ist seither auch immer wieder an den Orgeln der Lorenzkirche im Einsatz. Seit 2009 füllt Wilke neben etlichen Gastspielen das Amt des hauptamtlichen Stadtorganisten im thüringischen Mühlhausen aus. Dort haben Großmann und er das Werk bereits vorgestellt. Wilke übernimmt auch in St. Egidien den Orgelpart in Petr Ebens achtteiligem „Hiob“-Zyklus, den der 2007 verstorbene Tscheche 1987 komponierte. Die einzelnen Sätze heißen „Schicksal“, „Annahme des Leidens“ oder „Verzweiflung und Resignation“.

Ungeheuerliche Wette

Was hält Mechthild Großmann von dem alttestamentarischen Stoff? „Im Grunde finde ich die Geschichte ungeheuerlich. Ein lieber Gott und der Satan gehen eine Wette ein, wie stark der Glauben eines Menschen sein kann und überschütten ihn mit nicht enden wollendem Unheil. Und dieser absichtsvoll gequälte Mensch nimmt das alles, wenn auch hadernd, hin. Nur damit am Ende einer sagen: Ich habe gewonnen . . .“

Tröstlich an der ganzen Sache sei nur, dass die Geschichte sicher keine ist, die Gott als Autoren hat, sondern dass hier — wie im gesamten Alten Testament – Menschen ihre persönlichen Gotteseindrücke niedergeschrieben haben. Hiobs Geschichte behandelt die Frage, wie es sein kann, dass Gott duldet, dass guten Menschen Böses widerfährt. Sie versucht zu beantworten, weshalb trotz Gottes Allmacht und Güte auch ein gerechter Mensch leiden kann. Sie wehrt sich gegen die Annahme, dass das Leiden eine Strafe Gottes sei. Es geht also um die klassische Theodizee-Frage. „Dass dies eine Menschen-, und keine Gottesgeschichte ist, macht mir die Sache leichter“, meint die Schauspielerin.

Im Grunde dreht sich der Hiob-Stoff um die alte Gretchen-Frage „Wie hälst du es mit der Religion?“ Wenn man im ehemals hochkatholischen Münster in den 50er Jahren aufgewachsen ist, wurde man mit dieser Frage natürlich unweigerlich konfrontiert. Wie hält es Mechtild Großmann damit? Sie vertraut auf die praktische Ethik der Goldenen Regel „Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg‘ auch keinem andern zu.“

Alte Entscheidungen überdenken

In der Vorbereitung auf das Hiob-Projekt ergab sich die zufällige Möglichkeit, sich mit einem katholischen Geistlichen auszutauschen. „Von Zeit zu Zeit sollte man ja mal darüber nachdenken, ob alte Entscheidungen noch stimmen.“ Das beträfe auch den Glauben. Mechthild Großmann hat großen Respekt vor Menschen, die religiöse Bindungen eingehen können. „Die haben oft einen großen Halt.“

Ganz schrecklich findet sie an der Hiob-Legende, dass hier ein Mensch gebrochen wird. „Man darf niemanden brechen oder schlagen, vor allem keine Kinder. Ich habe meine Tochter nie schlagen können, weil man sich nicht an Kleineren vergeht.“ Dabei stammt sie aus einer Generation, wo Schläge auf die Hände selbst in der Schule noch an der Tagesordnung waren. „Selbst Regisseure haben mich nicht brechen können, auch wenn sie es versucht haben“, schmunzelt die facettenreiche Darstellerin.

Kartenverkauf an der Abendkasse: Einlass ab 18 Uhr.

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