Musicaltime im Nürnberger Opernhaus

8.10.2018, 15:00 Uhr
Musicaltime im Nürnberger Opernhaus

© Foto: Pedro Malinowski/Staatstheater

Ganz klar, die Welt will betrogen sein. Zumal, wenn die Betrüger in so charmanter Gestalt auftreten wie dieser Frank W. Abagnale Jr., der sich durch Scheckbetrug in den späten Fünziger und frühen Sechziger Jahren fast zwei Millionen US-Dollar ergaunerte, und sich ganz ohne Studium und Ausbildung als Pilot, Arzt und Anwalt verdingen ließ. Doch irgendwann begeht auch der klügste Verbrecher Fehler, und so schnappen nach jahrelanger Verfolgung durch den FBI auch für Franky mit den vielen Namen und Identitäten irgendwann die Handschellen zu. Konkret: 1967 auf dem Flughafen von Miami.

Steven Spielberg hat daraus 2002 eine ausführliche Hollywood-Gaunerkomödie gedreht mit Leonardo DiCaprio als Abagnale und Tom Hanks als dessen Verfolger Carl Hanratty in den Hauptrollen. Wenige Jahre später wurde daraus eine Musicalfassung gestrickt, die 2009 eine Vorpremiere in Seattle erlebte und 2011 am Broadway herauskam.

Bühnenfassung von McNally

Das Team, das sich dieses Schelmenstücks annahm, ist brillant. Das gilt für Gil Mehmert, der über eine riesige Erfahrung in Sachen Film und Musical verfügt, und auch für Bühnenbildner Jens Kilian, der in den Neunziger Jahren in der Ära von Eberhard Kloke im Nürnberger Opernhaus szenische Ausrufezeichen (etwa mit Wagners "Parsifal", Prokofjews "Feurigem Engel" oder einigen "Prometheus"-Projekten) setzen konnte.

Auch hier gelingt Kilian ein wendiges, passförmiges Bühnenformat, das schnelle Ortswechsel stimmungsvoll und mit ironischen Verweisen glaubhaft macht, und als Ganzes ein Fernsehstudio abgibt, in dem die Story um den schlauen Frank live und in Farbe erlebbar wird. Klar, dass Kostümbildner Falk Bauer mit onduliertem Haar- und Petticoat-Chic punktet und Melissa King dazu drahtige und flotte Tanznummern erfand.

David Jakobs bringt uns diesen Frank Abignale mit aller durchtriebenen Schlitzohrigkeit und auch ihn selbst überraschender Chuzpe nah. Er versteht sich auf die Gentleman-Nummer genauso wie auf die Romeo-Aura für alle Stewardessen und Krankenschwestern, singt, swingt und tanzt dazu noch ausgezeichnet. In so einem Biopic dürfen Papi (Dirk Weiler auf der sozialen Abstiegsleiter bis hin zum Unfalltod im Suff) und Mami (Alexandra Farkic als elegante französische Schönheit) als Erklärungsmuster für die kriminelle Laufbahn natürlich nicht fehlen.

Persönliche Beziehung

FBI-Abteilungsleiter Carl Hanratty und seine Mannschaft wühlen sich durch hunderte Indizien, um den Hochstapler zu stellen. Dabei entwickelt Hanratty eine gewisse Obsession in dem Fall, der so kurios ist, dass Gejagter und Verfolger sogar Telefonate führen und so etwas wie eine persönliche Beziehung aufbauen. Leider macht Rob Pelzer aus Hanratty zwar eine gekonnte, aber viel zu eindimensionale Karikatur. Was überhaupt das Manko dieser Inszenierung ist: Sie badet in Klischees und bleibt damit so furchtbar antiseptisch, moralin clean und weichgespült, dass die Charaktere kaum wirklich interessieren und fesseln. Darüber könne auch die sportiven Show-Acts nicht hinwegtrösten.

Weitere Aufführungen: 9., 19. und 26. Oktober, 23. November, 17. und 31. Dezember; Karten: Tel, 09 11 / 2 16 27 77 oder Hotline 0 18 01 34 42 76.

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