Neue Jarmusch-Doku: Der "goldene Gott" der Punk-Musik

30.4.2017, 21:12 Uhr
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© Studiocanal

Das Problem der Stooges war, dass sie ihrer Zeit weit voraus waren. Mit ihrem rohen Mix aus Garagenrock und Proto-Punk nahmen sie Ende der 60er Jahre jenen Sound vorweg, der 1977 in der ersten Punk-Welle kommerziell explodierte. Wie so oft (nicht nur) in der Musikgeschichte hatten auch hier die Pioniere das Nachsehen, auch wenn The Stooges-Hits wie "I Wanna Be Your Dog", "No Fun" und "Search & Destroy" den Test der Zeit erfolgreich bestanden haben und bis heute regelmäßig von bekannten wie unbekannten Kollegen angestimmt werden.

Was an der Doku "Gimme Danger" nervt, ist das Marktschreierische. Von der "größten Rock’n’Roll-Band aller Zeiten" ist da gleich zu Beginn die Rede – da sollte man den Ball ein wenig flach halten. Die popkulturhistorische Bedeutung der Krawalltruppe ist unbestritten. Doch so simpel wie überwältigend die Gitarrenriffs von Ron Asheton waren und so manisch das Drumming seines Bruders Scott – am Ende war es immer das halbnackte Urvieh Iggy, das schwitzend über die Bühne robbte und sich mit der Brust voraus ins Publikum warf, das die Leute sehen wollten. Ende der 60er war Osterberg ein goldener Gott, seine Band atmete etwas Gefährliches. Auf einem Stooges-Konzert konnte alles passieren.

Wenig überraschend ist der Sänger mit Textil-Aversion auch der einzige der Stooges, der es nach dem Zerfall der Gruppe zu etwas gebracht hat (und der letzte der Urbesetzung, der heute noch lebt). Iggy Pops Karriere als Solokünstler überstrahlt den Ruhm seiner alten Band, deren Name – wenn man ehrlich ist – außerhalb der Rock- und Punkszene auch nicht jedem etwas sagt. Dass Osterberg seine alten Mitstreiter im neuen Jahrtausend noch einmal für eine nette Reunion zusammentrommelte, war eine verdienstvolle Freundschaftsnummer. Nötig gehabt hätte er es nicht.

Wenig überraschend ist Iggy Pop auch in "Gimme Danger" der unbestrittene Superstar – und der einzige, der etwas zu sagen hat. Der Schwachpunkt des Films ist tatsächlich der Regisseur. Zu den Stooges fällt Jim Jarmusch nicht wirklich etwas ein, so strickt der Indie-Filmer seinem alten Kumpel ein blutleeres und überraschend unbegeistertes Geburtstagsgeschenk. In dem Film ist von Anfang an kein roter Faden drin. Die Doku wirkt wie ein bebilderter Wikipedia-Artikel.

Die meiste Zeit redet Iggy. Seine Ausführungen unterlegt Jarmusch mit mehr oder minder stimmigen Animationen und beliebigen Archivbildern aus jenen Tagen, die mit den Stooges oft garnix zu tun haben. Von den Musikern tauchen dagegen immer wieder dieselben Fotos auf. Die interessanten Geschichten sind eh erst später in Pops Solokarriere passiert und werden in "Gimme Danger" folgerichtig nur kurz angerissen, wie die Jahre mit Bowie in Berlin. Für Fans ist die Doku freilich trotzdem das Kinoticket wert. (USA/108 Min.)

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