Packend und rasant: "Die Physiker" als Musiktheater

6.2.2017, 06:00 Uhr
"Die Physiker" als Tanztheater? Das geht. Sogar sehr gut beim Ensemble "musicalCOM".

© Hans von Draminski "Die Physiker" als Tanztheater? Das geht. Sogar sehr gut beim Ensemble "musicalCOM".

Das alte "Zauberlehrling"-Motiv ist bei den "Physikern" ins Groteske gewendet. Wie verhindert man, dass im wahrsten Wortsinn sprengkräftige wissenschaftliche Erkenntnisse zum Weltuntergang führen?

Dürrenmatt lässt seinen hoch moralischen Protagonisten Möbius freiwillig in die Irrenanstalt gehen, wo er den Verrückten mimt, auf sein Familienglück verzichtet und im Geheimen weiter forscht. Möbius ahnt weder, dass die beiden mit ihm eingesperrten Männer so wenig wahnsinnig sind wie er selbst noch dass die wirkliche Gefahr woanders lauert – und so nimmt die Katastrophe ihren Lauf.

Ganze Generationen von Schulklassen wurden mit der "Physiker"-Lektüre gequält. Die Musiktheater-Fassung, die "musicalCOM"-Mastermind Tobias Bencker, Regisseur, Komponist und musikalischer Leiter, mit seiner inspirierten Truppe realisiert hat, verfügt über echtes Versöhnungspotenzial. Wenn Marcus Schindler mit wirrer Haartolle und bitterster Selbstironie seine Charakterstudie eines von Selbstzweifeln zerrissenen Genies präsentiert, dann grübelt und leidet man mit ihm.

Und man kann nachvollziehen, dass ihm nichts anderes übrig bleibt, als die nur all zu sterblich in ihn verliebte Krankenschwester Monika zu meucheln, damit seine Tarnung nicht auffliegt. Carina Krämer als Monika ist mit ihrer zerbrechlichen Mädchenhaftigkeit die ideale Kontrastfolie zum verbitterten Möbius.

Der scheitert nicht zuletzt daran, dass er seine Mitinsassen Newton (subtil witzig: Jozo Babic) und Einstein (hippiehafter Dandy: Jonas Wallmann) falsch einschätzt. Und dass er in der dämonischen Anstaltchefin Mathilde von Zahnd (diabolisches Powerplay: Janine Swoboda) nicht die wahre Bedrohung erkennt. Abgerundet wird das intensive Nachtstück von eingängigen Songs und rasanten Choreografien, ohne dass es darob zum Musical mutiert. Packend.

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