Pussy Riot im Hirsch: Aufstand der Unbeugsamen

17.1.2018, 07:33 Uhr
Maria Alekhina und ihre Band Pussy Riot verlangten dem Publikum im Hirsch einiges ab.

© Ulrich Schuster Maria Alekhina und ihre Band Pussy Riot verlangten dem Publikum im Hirsch einiges ab.

Die bunten Sturmhauben stecken in Taschen. Die E-Gitarre trägt ein Mann im Trekkingrucksack auf dem Rücken. Am Eingang der Christ-Erlöser-Kathedrale fragen die Wachen, was in dem Rucksack sei. "Nichts Besonderes", antwortet der Mann in akzentfreiem Englisch.

Es sind die ersten Minuten einer russischen Revolution. Wenig später stehen Pussy Riot auf dem Altar und schreien: "Mutter Gottes, jage Putin davon." 41 Sekunden stehen die Frauen dort oben, bis die Wachen sie aus der Kirche zerren. Es reicht für weltweite Berühmtheit. Denn was folgt ist ein umstrittener Prozess und zweijährige Haftstrafen.

Wie es zu dem Auftritt kam und vor allem was danach folgte, hat Maria Alekhina nun auf die Bühne gebracht. Die Geschichte basiert auf ihrem Buch "Tage des Aufstands" und ist eine wilde Perfomance, die weder Konzert noch Theaterstück ist. Alekhina schreit ins Mikrofon. Neben ihr dröhnt ein Saxofon, während ein Mann seinen nackten Oberkörper ekstatisch windet. Maria Alekhina, Nastya Awott und Max Awott stehen vor einer Videoleinwand, auf der Bilder von Gefangenentransporten oder von der französischen Revolution durchlaufen. In Russisch schreien sie ins Publikum. Die deutsche Übersetzung läuft hinter ihrem Rücken auf der Leinwand durch. Kiryl Masheka steht am Synthesizer. Die Tonlage verändert sich kaum. Zwischendurch bekommt das Publikum eine Wasserdusche aus Plastikflaschen ab und bedankt sich mit Applaus.

Pussy Riot schonen ihr Publikum im Hirsch nicht. Der Bass dröhnt in den Ohren und vor dem inneren Auge tauchen Bilder von Maria Alekhina auf, die im Straflager der Willkür der Aufseher ausgeliefert war. Vor der Haftanstalt protestiert ihr kleiner Sohn mit einem Plakat: "Lasst Mamas frei". Immer wieder tauchen auch Bilder von Wladimir Putin auf. Er ist für Pussy Riot das personifizierte Böse. Pop-Inszenierung trifft auf politische Identität.

Am Ende bringt ein Amnestiegesetz die Frauen frühzeitig frei. Ihre Haftstrafen wären aber sowieso in wenigen Monaten abgesessen gewesen. VIP-Amnestie nennt Alekhina das. Und die Botschaft der Pussy-Riot-Performance ist klar: "Es gibt keine Freiheit, wenn man nicht täglich für sie kämpft."

 

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