Rätselhaftes im Gostner Hoftheater in Nürnberg

18.1.2019, 09:11 Uhr
Rätselhaftes im Gostner Hoftheater in Nürnberg

© Foto: Gisela Hoffmann

Jeder hat hier im wahrsten Sinn des Wortes ein doppeltes Gesicht: Justine (Miriam Kohler) ist ein etwas unbedarftes Mädel und heuert dennoch beim britischen Geheimdienst an. Sie wolle etwas für ihr Land tun, behauptet sie beim Bewerbungsgespräch, knickt aber unter den strengen Fragen der Chefin (Patricia Litten) schnell ein und gesteht, sie sei ziemlich langweilig.

Gleich darauf das gleiche Spiel mit einem russischen Spitzel-Führer (Thomas Witte): Auch ihm dient sie als Julia willfährig bis hin zum Blowjob. Zudem tritt Miriam Kohler aber auch als Justines Schwester Kerry auf, eine Galeristin, die nach dem rätselhaften Tod von Justine jedoch vor allem nach Spuren in deren Leben sucht und auf immer mehr Geheimnisse stößt.

Auch die Geheimdienst-Chefin hat ein Doppelleben (oder spielt sie nur die Doppelrolle?): Sie ist auch die reiche Gattin des vielversprechenden Künstlers Kai (Markus Frank), in den sich Justine verliebt hatte.

Zeitebenen wechseln in Dawn Kings Stück "Chiffren" genauso schnell wie Rollenzuschreibungen. Jeder ist nicht nur, was er scheint. Das bietet einerseits Potenzial für einen spannenden Plot, andererseits eine Plattform für Schauspiel mit wechselnden Gesichtern oder Attitüden.

Kein Profil

Beides wird in der Inszenierung von Stephan Hoffstadt am Gostner Hoftheater aber nur sehr bedingt eingelöst. Zunehmend unbeteiligter verfolgt man als Zuschauer die wechselnden Szenen, in denen Justine als zentrale Figur nie wirklich Profil gewinnt. Zu niedlich spielt dafür Miriam Kohler diese Frau, die sich offenbar zwischen privaten und dienstlichen Interessen derart verheddert hat, dass sie selbst Opfer der kaltblütigen Geheimdienste wurde.

Dass sie zwischendurch in der Rolle der Kerry innig um die Gunst des eiskalten Vaters (ebenfalls Thomas Witte) buhlt, lässt zwar innerfamiliäre Risse vermuten. Doch das wird alles nur angedeutet, nie ausgespielt und dadurch irgendwann auch egal.

Was also sollen die Zuschauer mit dieser Szenenfolge anfangen? Christian Vittinghoff hat Wände aus steifem, knitternden Stoff aufgehängt, mit denen die Schauspieler immer wieder den Raum umgestalten. Das ist schön abstrakt, dazu gibt es zwischendrin betont alberne Choreographien, die dem Publikum eine Ahnung von Komödie vermitteln. Allein, das Versprechen wird nicht eingehalten.

Dass Geheimdienst-Klischees samt Bond-Musik genauso angetippt werden wie Geschlechterklischees, macht die Sache nicht leichtfüßiger. "Chiffren" bleiben die Charaktere und die Intentionen der Regie. Vielleicht sollte man doch mal bei Ian Fleming nachlesen, wie das genau ist mit dem Geheimdienst und dem Spannungsbogen.

Aufführungen: 18. und 19. sowie 23.–26. Januar, 30. Januar bis 2. Februar, 6.–9. Februar, 20 Uhr, Karten-Tel.: 09 11/ 216 27 77

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