Reserven der Hoffnung

16.11.2015, 19:05 Uhr

Dass sich allerdings im Programmheft selbst kein einziger einordnender Beitrag zu diesem Thema fand, war eine Leerstelle, die irritieren konnte. Dafür buhlte das Programmheft wie ein Möbelhaus um die Gunst der
Abonnenten, indem es nichts weniger als die schönsten Arien und Chöre anpries . . .

So viel Superlativ musste erst verdient werden. Und damit man rein quantitativ dem Zuhörer nichts schuldig blieb, brachte der LGV nicht nur seinen Jugendchor auf die Bühne, sondern auch den Leistungschor des Männergesangvereins Eckenhaid.

Diese Personalie tat den Kehlen des LGV zumindest gleich am Anfang richtig gut, als es bei Mozarts „Zauberflöte“ die Wonnen von Isis und Osiris zu besingen galt. Und auch beim Gefangenenchor in Beethovens „Fidelio“ bildeten die Frauenstimmen vorerst nur stumme Schatten, die erst Mozarts „Idomeneo“ im finalen Chorsatz zum Leben erweckte.

Im eigentlichen Zentrum der ersten Konzerthälfte stand ohne Zweifel die Begegnung mit den beiden Solisten des Abends. Der Bariton Daniel Pannermayr lieferte einen soliden, leicht lyrisch eingefärbten Sarastro, dem man seine Versprechungen gerne glauben möchte. Weitaus eindringlicher und dramatischer war jedoch die Sopranistin Susann Hagel, die sich dem Publikum im Gebet der Agathe aus Webers „Freischütz“ vorstellte.

Und so zeichnet sich ab, was der zweite Konzertteil nur bestätigt. Als Desdemona in Verdis „Otello“ lieferte sie vor den sich als Verdi-Interpreten empfehlenden Nürnberger Symphonikern (Dirigent Dorian Keilhack) den absoluten Höhepunkt des Abends. Eine schlüssige Ouvertüre zur „Macht des Schicksals“ leitet über in die Schlussgerade, bei der Ausschnitte aus Verdis weniger bekannter Oper „I Lombardi“ vorgelegt wurden.

Hier wie in Pietro Mascagnis „Regina Coeli“ aus der Oper „Cavalleria Rusticana“ konnte der LGV noch einmal seine vokalen Reserven zeigen. Solche monumentalen Ausbrüche der Chormassen bildeten durchaus ein Klangerlebnis, das unter dem neuen LGV-Leiter Tarmo Vaask sicherlich in Zukunft noch kultivierter denkbar ist. Mit Verdis Gefangenenchor entließ der LGV seine Zuhörer aus einem Konzert, das dem Angedenken der Opfer des Terrors in Paris gewidmet war: Schenk uns Hoffnung zu ertragen dies Leid . . .

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