Soul-Legende Aretha Franklin: Soul in seiner authentischsten Form

16.8.2018, 17:02 Uhr
Soul-Legende Aretha Franklin: Soul in seiner authentischsten Form

© Jeff Kowalsky/epa/dpa

Wenn ein großer Künstler oder eine bedeutende Künstlerin stirbt, dann lässt sich der Verlust immer mit zwei Maßstäben messen: Was bedeutet sein beziehungsweise ihr Schaffen und Wirken für die entsprechende Kunstsparte? Und was verbindet man persönlich mit ihm oder ihr?

Die zweite Frage ist in meinem Fall bei Aretha Franklin schnell beantwortet. Man muss als Verehrerin und Hobby-Sängerin nur mal versuchen, einen der großen Songs zu singen, mit denen die amerikanische Soul-Diva weltberühmt geworden ist. Egal ob es "Think!" ist, "Respect", "Chain of Fools", "I Say a Little Prayer" oder "(You Make Me Feel Like) A Natural Woman" — Aretha Franklins Werk nötigt einem den größten Respekt ab, denn man merkt ganz schnell, dass die Messlatte schier unerreichbar hoch hängt. Nicht nur, was den Stimmumfang anbelangt, sondern auch, weil sie mit ihren Songs wie kaum eine Zweite Gefühle transportieren konnte — echter Soul eben.

Musik, die verbindet

Zwei Szenen mit Aretha Franklin sind mir besonders in Erinnerung geblieben. Die eine spielt in einem "Blues Brothers"-Film von 1980. Da führt sie ihrem Film-Gatten, einem echten Macho, vor, wie Emanzipation geht — mit einer atemberaubend energischen Performance von "Think!". Und dann ist da der auf Youtube verewigte, bewegende Auftritt 2015 in Washington, bei dem die in einen Pelzmantel gehüllte Sängerin mit "Natural Woman" Barack Obama zu Tränen rührte und US-Singer-Songwriterin Carol King in helle Begeisterung versetzte. Man könnte es auch so interpretieren: Die schwarze "Queen of Soul" brachte schwarze und weiße Menschen mit ihrer Musik zusammen. Nicht unwichtig in einem Land, in dem es auch in der Gegenwart immer wieder zu entsprechenden Konflikten kommt.

Ohnehin wurde Franklin Ende der 60er Jahre in den USA mit "Respect" zu einer der Ikonen der schwarzen Musik. Da war sie Mitte 20. Sie machte den Song, den Otis Redding schrieb, nicht nur zum Millionenseller, sondern auch zu einer Hymne der afroamerikanischen US-Bevölkerung. Heute ist er einer der bedeutendsten Soul-Klassiker, der auch in der Frauenbewegung gern intoniert wird.

Die Musik war der am 25. März 1942 in Memphis, Tennessee geborenen Aretha Franklin gleichsam in die Wiege gelegt worden. Sie wuchs mit vier Geschwistern in Detroit auf, wo ihr Vater Pastor war. In dessen Kirche sang Aretha im Chor, zu den Gottesdienst-Besuchern sollen auch Stars wie Mahalia Jackson und Sam Cooke gehört haben. Den Durchbruch schaffte die Sängerin dann 1967 mit dem Song "I Never Loved a Man (The Way I Love You)".

Grammys und eine Ehrung des Präsidenten

Eines ist sicher: Aretha Franklins Songs werden nach ihrem Tod nicht in Archiven oder Plattenschränken verstauben. Denn ihr Einfluss auf die jüngere Generation der Soul-Sängerinnen war und ist enorm. Amy Winehouse und Whitney Houston, deren Mutter eine von Franklins Background-Sängerinnen war, waren durch sie geprägt. Heute sind es unter anderem Mariah Carey, Beyoncé, Joss Stone oder Alicia Keys, die sich von ihr inspirieren lassen und ihr Werk interpretieren. 

Auch mit zahlreichen Auszeichnungen ist Franklins Schaffen gewürdigt worden. Als erste Frau überhaupt wurde sie in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen, 2009 sang sie zu Obamas Amtsantritt als US-Präsident, für ihr Lebenswerk erhielt sie einen von mehreren Grammys und von George W. Bush die Freiheitsmedaille des Präsidenten. Eine höhere zivile Auszeichnung gibt es in den USA nicht. 2010 wurde bei ihr Bauchspeicheldrüsenkrebs festgestellt. Den Kampf gegen den Krebs hat sie nun verloren. Und die Musikwelt trauert. 

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