Staatstheater: Intendant verspricht "Wahnsinn mit Methode"

17.5.2018, 18:29 Uhr
Staatstheater: Intendant verspricht

© Foto: Roland Fengler

Was der designierte Staatsintendant auf seiner To-Do-Liste stehen hat, klingt nach permanenten 48-Stunden-Tagen. Einerseits will Jens-Daniel Herzog die Bühne zum wichtigsten Motor im Wettbewerb Nürnbergs als "Europäische Kulturhauptstadt 2025" machen, andererseits muss nun schon die Generalsanierung des Opernhauses vorbereitet werden. Für 2023 ist der Beginn dieser "Herkulesaufgabe" geplant.

Daneben verordnet er seinem Haus die totale digitale Revolution und möchte fast alle Printprodukte aus dem Angebot streichen. Monats-Leporellos und die Theaterzeitung Impuls sollen ab Sommer Geschichte sein. Man setzt einzig und allein auf die neu gestaltete Homepage, die zu einem "interaktiven kulturellen Stadtmagazin" entwickelt werden soll. Eine Online-Redaktion übernimmt entsprechend den Part der bisherigen Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.

Alle Schichten erreichen

Das erklärte Ziel: Unter dem in Nürnberg sicher gern gehörten Logo "Kunst für das Volk" möchte die Bühne "möglichst alle Gesellschaftsschichten" erreichen. Im Schauspiel lässt sich das etwa daran ablesen, dass der neue Direktor Jan Philipp Gloger den Anteil von Ensemblemitgliedern mit migrantischem oder zweisprachigem Hintergrund deutlich ausbaut.

Vom alten Ensemble verbleiben nur die fünf Kammerschauspieler Adeline Schebesch, Pius-Maria Cüppers, Michael Hochstrasser, Thomas Nunner, der gastweise aus dem Ruhestand verpflichtete Jochen Kuhl sowie Julia Bartolome.

Für die Oper hat sich Jens-Daniel Herzog vorgenommen, "sie noch weiter wahrnehmbar im Herz der Gesellschaft zu verankern." Neben den bewährten Stammkräften Nicolai Karnolsky, Jochen Kupfer oder Martin Platz wird sich das Publikum hier an viele neue Gesichter und Stimmen gewöhnen müssen, die der Intendant teils aus Dortmund mitbringt oder aus Dutzenden Castings zusammenfügte. Wobei Herzog schon mal klarstellt: "In der Oper geht es keineswegs nur um die Zurschaustellung schöner Stimmen."

Alles kreativ Schaffende

Ansonsten unterstreicht der 54-jährige Theaterchef nicht nur den deutlich gelungen Generationswechsel in den führenden Positionen, sondern auch die Tatsache, dass Joana Mallwitz, Jan-Philipp Gloger, Goyo Montero und er selbst alle "aus dem Maschinenraum der Kunst" kommen, also kreativ Schaffende sind.

Das soll das künftige Klima bestimmen, wo bislang doch sehr viel Marketing-Willen den Geist des Hauses dominierte. Deshalb spricht das neue Führungsteam auch lieber vom "Haus der Künstlerinnen und Künstler" als vom Staatstheater und schließt damit auch die anderen 50 Berufsrichtungen ein — über die unmittelbaren Bühnenakteure hinaus. "Wir haben hochspezialisierte Experten hier am Start und das wollen wir auch deutlich machen."

Ein weiteres wichtiges Vorhaben der neuen Crew ist die Intensivierung des Kontakts mit dem Publikum. Unter dem Label "Plus" sind nun alle Aktivitäten zusammengefasst, bei denen die Zuschauer am Entstehungsprozess einer Inszenierung teilhaben, sich selbst auf der Bühne erleben oder mehr über die Hintergründe der Arbeit am Theater erfahren können.

Zukunftsfragen

Besonders stolz ist man darauf, dass die Bundeskulturstiftung im Rahmen ihres Projekts "360 Grad" den gesellschaftlichen Diskurs des Staatstheaters unterstützt. "Wir wollen darauf horchen, welche Themen in der Stadt virulent sind und welche Zukunftsfragen im Raum stehen", erläutert Herzog das Konzept. Es gehe also um eine "lustvolle Erforschung der Wirklichkeit".

Julia Lehner brachte die geweckten Erwartungen auf die Formel: "Ich erwarte kreative Unruhe." Worauf Jens-Daniel Herzog versicherte: "Wir liefern Wahnsinn mit Methode. . ."

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