"Steig.Nicht.Aus!": Wotan Wilke Möhring und die Bombe

12.4.2018, 20:15 Uhr

© Foto: NFP

Der Hochzeitstag beginnt denkbar mies für Karl Brendt (Wotan Wilke Möhring). Sein Rückflug nach Berlin rast durch ein Gewitter, und Karl, in seinem Immobilienunternehmen der Mann fürs Nicht-ganz-Legale, verliert seine Coolness und würgt die Armstützen. Dann ist die Tasche mit den Dokumenten weg, die Stimmung in der Berliner Villa sowieso im Keller. Als er endlich mit seiner Tochter Josefine (Emily Kusche), einem verliebten Teenager, und dem kindlichen Marius (Carlo Thoma) im SUV mit Stern sitzt, um die beiden zur Schule zu bringen, informiert ihn ein Unbekannter über die Handy-Ohrstöpsel, dass sie alle vier auf Bomben sitzen, die wie Minen gezündet werden. Steht man auf, gehen sie hoch.

Regisseur Christian Alvart, der auch am Drehbuch mitgearbeitet hat, verfügt über einige Erfahrung im Thriller-Genre, "Tatorte" und relativ unbekannte Kinofilme wie "Antikörper" oder "Banklady" sind von ihm. Man erwartet also die bei Arbeiten für das Fernsehen übliche Zurückhaltung.

Doch diesmal geht es in naheliegender Echtzeitdramaturgie und mit rasanten Schnitten in die Vollen: Um die — für die Welt außerhalb des verminten Autos — kaum glaubhafte Zwickmühle von Karl und den Kindern zu illustrieren, wird Karls Kollege vorgeführt. Auch er in einem vom selben Erpresser verminten Auto, doch gesegnet mit einer selbstbewussten Frau, die an ihren lügenden Gatten derart gewöhnt ist, dass sie wütend über den blöden Scherz aussteigt und die Bomben auslöst. Die Story meint es also ernst und wird gleich noch dramatischer, weil der kleine Marius einen Splitter abgekriegt hat und nun zu verbluten droht.

Irrer Vater auf Amokfahrt?

Mittlerweile ist Karls Unglücksauto auf dem Radar der Polizei. Anlass für einige rabiate Verfolgungsfahrten bei immer hilfloseren Telefonaten zur Geldbeschaffung. Wobei die Forderungen zunehmend unlogischer werden und nur als Manöver zur Zerstörung von Karls geschäftlicher Existenz Sinn machen. Der Mann soll als "Dreckschwein" entlarvt werden, was man dem hingebungsvoll den Papa gebenden Wotan Wilke Möhring so gar nicht zutraut. Und er soll schließlich mit seinem Leben bezahlen, denn nicht nur seine Geschäftspartner lassen ihn fallen, auch die Polizei tippt bei dem herumrasenden Papi eher auf einen irren Familienvater auf Amokfahrt.

Bei diesem finalen Schlenker gerät Regisseur Alvart unübersehbar in "Tatort"-Kielwasser: Die Handlung kommt zum Stillstand, die üblichen Verdächtigen der Polizei, die Eingreiftruppe und eine verständnisvolle Sprengstoffexpertin (Hannah Herzsprung) rücken an, streiten sich und getan wird schließlich das Dümmste. Der Erpresser entpuppt sich als arme Sau, für die das eben Gesehene ein paar Nummern zu groß ist, und ein Happy End gibt’s auch, denn wie sagt der Immobilienganove Karl: "Nur wer an Märchen glaubt, kann Märchen erzählen." (D/105 Min.)

 

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