Stereo Total: Cactus vs. Brezel

21.7.2012, 06:00 Uhr
Stereo Total: Cactus vs. Brezel

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Bereits seit 20 Jahren verdrehen die Berliner Knallköpfe Françoise Cactus und Brezel Göring ihrer Zuhörerschaft den Kopf und die Ohren. Ihr Rezept scheint aus einer gehörigen Portion Intuition, Chaos, Witz und Sexappeal zu bestehen, oder vielmehr ihr Rezept ist es, keines zu haben.

Konzeptfreie melodiöse Blödelei in dreierlei Sprachen (deutsch, französisch und englisch) - eine verführerische menage à trois-, wobei - egal in welcher von den dreien - der obligatorische französische Akzent der Sängerin Françoise nicht wegzudenken ist. Mit der 2001 erschienenen sexy Single „Liebe zu dritt“ kreierte Stereo Total ein emanzipiertes Luststück à la Gainsbourgs „Je t´aime“, das uns nicht zuletzt aufgrund seines charmant unschuldigen Witzes noch heute in den Ohren klingt.

Auch die neue Platte „Cactus vs. Brezel“ entbehrt keineswegs einer emanzipierten Frauenstimme im doppelten Sinne, die sich jedoch angenehmerweise nie dazu hinreißen lässt, sich selbst zu ernst zu nehmen. In dem Song „Die Frau in der Musik“ wird eben die Frau in der Musik nervig, lästig und hysterisch, eine süffisante Überspitzung des stereotypen Bildes von der Musikerin, die nebst allen möglichen Allüren es nicht vermag, ihr Mikrofon zweckmäßig zu verkabeln.

Mit gewohnter Leichtigkeit schwebt man - wie bereits in den Alben zuvor - über ein kunterbuntes Kompositum aus Wort, leicht verstimmten Gitarren und Soundeffekten, die nach Weltraum klingen. Kurzum: „Diese Musik hört sich an, wie ein Rasenmäher, […] eine Zahnarztpraxis, wie ein erkälteter Motor“, wie es in dem Stück „Diese Musik hört sich an“ heißt. Elf Tage Klausur in L.A., ein paar alte Geräte, ohne viel künstliche Bastelei, dafür mit umso mehr Live-Aufnahmen.

Et voilà, darf isch v’orstellen: „Cactus vs Brezel“. Das garantiert wirksame Mittel gegen den Überdruss von zu viel Ernsthaftigkeit und Tiefgang, der dem Fass den Boden ausschlägt und ins Leere geht.
 

Chansonartige Lieder – so programmatisch sie klingen mögen, wie z.B „Lied für Vegetarier“ - erzählen beschwingt Geschichten von der Familie Mangold und prägen sich mit Zeilen wie der ersten „Heute früh verlass´ ich das Haus, die Leute sehen wie Gemüse aus“ schnell ein. Das Schlusslicht des musikalischen Feuerwerks, das das Stückchen „We don’t wanna dance“ bildet, kann man - am Schluss der Platte angekommen - jedoch keineswegs mit voller Inbrunst mitsingen. Im Gegenteil: Man ist versucht, zappelnd und kopfschüttelnd die zauberhafte Françoise höflich aber bestimmt zu übertönen: „Yes, we wanna dance!“

Unsere Bewertung: 10 von 10 Platten

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