"Tatort" aus Köln: Armin Rohde ist dicker als Wasser

19.4.2015, 21:41 Uhr

© WDR/Uwe Stratmann

Vor weiterem Blödsinn rettet uns dankenswerterweise der innerhalb weniger Sekunden auftauchende Armin Rohde und mit ihm die einzig interessante Figur in „Dicker als Wasser“.

Aber von vorne: Der junge Wirth Olli liegt erwürgt auf dem Parkplatz seines Jazzclubs. Obwohl den Kommissaren Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Schenk (Dietmar Bär) klar ist, dass der Täter sehr kräftig gewesen sein muss, fällt der erste Verdacht - aus Gründen, die nur Regisseur und Autor verstehen - auf den Milchbubi Erik (Ludwig Trepte). Der und der Tote waren mal „wie Brüder“, doch dann gab es Zoff wegen – Überraschung - der hübschen Laura (Alice Dwyer).

Die junge Dame ist die Freundin des Ermordeten, war aber mal mit Erik zusammen, liebt ihn insgeheim noch immer und eigentlich wollte man sogar heiraten. Wäre da nicht der Trennungsgrund: Eriks Vater Ralf (Armin Rohde), ein sehr kräftiger (!), gewalttätiger (!!) und notorisch krumme Geschäfte treibender (!!!) Ex-Knacki auf Bewährung (!!!!), der wegen Totschlags (!!!!!) verurteilt wurde. Auch bei der ersten Begegnung mit Ballauf macht er einen zornig-zwielichtigen Eindruck. Dennoch dauert es geraume Zeit bis den Ermittlern ein eher zufälliger Geistesblitz kommt: Der Typ ist ja verdächtig!

Ärgerliche Routine

Ein "Tatort" voller Ärgernisse: vom löchrigen Skript über die schläfrige Kamera bis hin zur faden Regie und einem überwiegend blassen Ensemble – alles wirkt konstruiert, routiniert, unmotiviert. Verständnislosigkeit macht sich breit, wenn man bedenkt, dass dabei eigentlich Leute am Werk waren, die etwas vom "Tatort"-Handwerk verstehen: Regisseur Kaspar Heidelbach hat schon so manche Folge zum Highlight gemacht und zusammen mit Autor Norbert Ehry und dem Trio Behrendt-Schenk-Rohde die 2001er Episode „Bestien“ geliefert, einen der besten Kölner Fälle überhaupt. 14 Jahre später ist davon kaum noch etwas zu spüren.

Ballauf und Schenk spulen mühelos ihr eingespieltes Programm ab, Ermittlungspausen bieten Gelegenheit für typisch lakonischen Smalltalk aus dem Privatleben zweier hart arbeitender Cops. Kennt man so, bleibt so. Alles Routine eben in einem klassischen "Tatort" – klassisch im negativen Sinn.

Mit Tobias Reisser (Patrick Abozen) als neuem Assistenten auf Probezeit frischen Wind in die Sache zu bringen, scheitert unfreiwillig komisch: Der strebsame Musterbulle besticht hauptsächlich, indem er hochbrisante Fakten zum Mord (Tatzeit und Tatort) laut ausspricht, während er diese hochbrisanten Fakten mit Filzstift auf eine Flipchart schmiert. Dass der Zuschauer hiernach nicht gänzlich in Apathie verfällt, ist allein Rohdes Verdienst.

Ein-Mann-Show

Er spielt den geldgeilen, zugellösen Gewalttäter mit sichtlichem Spaß am Vulgären und Brachialen, eine Rolle, die Rohde spätestens seit „Der bewegte Mann“ aus dem Effeff beherrscht. Jede seiner Szenen gibt der Situation innere Spannung und Intensität. Freilich, arg facettenreich ist dieser Böse nicht, aber es darf ja auch mal klassisch garstig sein – im positiven Sinn.

Denn die Einstellungen ohne ihn sind verschenkte Gähn-Zeit oder gehen penetrant auf die Nerven, was auch am Musikeinsatz liegt: Über 90 Minuten wird beinahe jede Emotion der gerade handelnden Figur wahlweise von sphärischen Klängen oder dissonaten Klavierschlägen kommentiert, was Szenen (wie wir seit Stanley Kubrick wissen) eine verstörend-unterschwellige Bedrohlichkeit verschaffen kann. Im Ballauf-Schenk’schen Fall ist das aber so plakativ gemacht, dass es stört. Weil diese Mittel in einem so biederen "Tatort" Fehl am Platze sind. Besser wäre wohl gewesen, Heidelbach hätte James Last gebeten, ein paar Melodien aus dem Ärmel zu schütteln – easy listening für easy watching.

Am Ende wird der Zuschauer mit einem unspektakulären Showdown in schlimmster 70er Jahre-US-Krimiserien-Tradition belohnt, inklusive totem Bösewicht und rettender Schussweste für den guten Polizisten. Vorschriftsmäßig. Und sehr, sehr mittelmäßig.

Wie man einen althergebrachten Whodunit-Krimi interessant und atmosphärisch dicht gestalten kann, hat kürzlich Max Färberböck im ersten Franken-Tatort bewiesen. Wie man eine versemmelte Tätersuche vor dem Totalausfall rettet, beweist hier allein Armin Rhode: Er füllt einen unverschämt wässrigen "Tatort" mit Herzblut.

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