"Tatort" aus Ludwigshafen: Lust und Laster in der Pfalz

25.5.2015, 21:45 Uhr

© SWR/Alexander Kluge

Das riecht nach Ärger: Der ehemalige Landesvater Joseph Sattler, inzwischen einflussreicher EU-Kommissar, steht gerade kurz davor, ein Gesetz zur Frauenquote in Vorständen großer Unternehmen auf den Weg zu bringen. Sein Vorhaben stößt nachvollziehbarerweise nicht überall auf Gegenliebe. Schon gleich gar nicht bei der politischen Konkurrenz und den Altvorderen aus der Wirtschaft, die um ihre gut gepolsterten Sessel bangen.

Da gerät der nur nach außen hin als Gutmensch auftretende, in Insiderkreisen aber als triebgesteuerter Obermacho verrufene Politiker auf einmal unter dringenden Tatverdacht, ein Zimmermädchen vergewaltigt und über den Jordan gebracht zu haben. Die Indizien sprechen gegen Sattler, da rasch klar wird, dass das junge Ding kurz vor ihrem Ableben nicht nur den Staub von den Gardinen in dessen Suite in einem pfälzischen Luxushotel gewedelt hatte.

So klar ist die Angelegenheit dann doch nicht, wie Lena Odenthal und ihr Partner Mario Kopper im Zuge der Ermittlungen herausfinden. Sattler scheint womöglich Opfer einer Intrige geworden zu sein, was dessen Frau und offizieller Rechtsbeistand, brilliant verkörpert von Suzanne von Borsordy, zu der tiefsitzenden Aussage hinreißen lässt, dass er doch einmal versuchen möge, seinen Schwanz im Zaum zu halten.

Dicke Luft im Kommissariat

Die arme Lena Odenthal, gerade erst Burnout befreit und trotzdem nichts als Arbeit in der Birne, ist schon wieder voll und ganz in den Ermittlungen versunken und findet auch nach Dienstschluss keinen Ausschalter. Das ruft Neukollegin Johanna Stern auf den Plan, die Seelenklempner Tim ins Büro bestellt. "Ich mach' mir doch nur Sorgen", stammelt sie kleinlaut, nachdem Power-Lena sich ziemlich verärgert vor den Kollegen aufbaut. Für kurze Zeit scheint die Kollegen-Kacke so richtig am Dampfen, als die Chefs LKA-Püppi Stern, der man nur allzu gerne dieses neumodische Tablet, das sie immerzu mit sich herumträgt, aus der Hand schlagen möchte, mit der Leitung der Ermittlungen betreut. Odenthal muss schon wieder schreien. "Ich hab hier nichts mehr zu suchen", donnert es durchs Kommissariat. Kollege Kopper will noch schlichten, kocht Pasta. Doch keiner kommt. Scheiße.

Glücklicherweise verdrängt diese überflüssige Stutenbeißerei die eigentliche Story nur für einen Moment in den Hintergrund. Schnell konzentrieren die beiden Drehbuchautoren Dähnert und Brunken sich wieder aufs Wesentliche und kühlen die Köpfe der Damen auf Betriebstemperatur herab. Zügig haben sich alle wieder lieb. Gemeinsam arbeitet man an der Aufklärung des Falls weiter. Spätestens jetzt geht mindestens eine Krokodilsträne flöten. Auch bei Halb-Italo Mario. Vielleicht kommt ja wann anders wer zum Essen rum. Zu wünschen wär's dem Langzeitsingle allemal.

"Roomservice" ist ein wirklich gelungener "Tatort" und nimmt einen sofort mit. Umschalten unmöglich. Selbst mit Fernbedienung in der Hand. Hier und da öffnen schöne Totalaufnahmen und Blicke von oben die Sicht. Ansonsten folgt die Kamera den Protagonisten eher unauffällig. Das ist durchaus angenehm. Die Musik von Andreas Weidinger ebenso. Sie tritt wohltemperiert in Erscheinung und setzt absichtlich nur kleine Duftmarken.

Förmlich umarmen möchte man Peter Sattmann und Suzanne von Borsordy für ihre gelungenen Darstellungen des Politikerehepaars. David Brunners erhält für den Auftritt des reichlich schmierigen und herzlosen Hoteliers De Dreusen einen Orden ans Revers geheftet. Wie auch für den zweideutigen Satz, dass es in seinem Haus "jeder schaffen kann, wenn er sich nur ein bißchen anstrengt". Den diktiert er der Schwester der Toten, die ebenfalls bei ihm in Lohn und Brot steht, gönnerhaft ins Notizbuch, bevor er ihr im ausgelassenen Schwimmbad der Nobelherberge eine knallt.

Natürlich gibt es hier und da ein paar kleinere Drehbuchlücken. Denn wenn nichts mehr hilft, hilft bekanntlich Kommissar Zufall aus der Scriptfalle. Da ist die Ermittlerin eben mal ums Eck, wenn ein Schurke sein Opfer piesackt. Aber, Freunde, Hand aufs Herz. Ist das schlimm? Verdammt. Nein. Das ist Unterhaltung. Ganz gute sogar. Also lasst den Zeigefinger stecken, bitte.

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