"Tatort": Von Pumpern, Anabolika und Goldzahnkauleisten

14.2.2016, 21:44 Uhr
Kommissarin Odenthal (r.) muss sich mit einem ziemlich albernen Rapper rumschlagen - allerdings ist das nicht das größte Problem dieses Tatorts.

© SWR/Alexander Kluge Kommissarin Odenthal (r.) muss sich mit einem ziemlich albernen Rapper rumschlagen - allerdings ist das nicht das größte Problem dieses Tatorts.

Nach dem reichlich überzogenen SWR-"Tatort" "LU", in dem Jürgen Vogel  als Racheengel durch ein  sündhaft porträtiertes Ludwigshafen läuft, um danach der armen Lena den Kopf zu verdrehen, handelt der neue Krimi aus dem Südwesten von einer Vergewaltigung und ihren weitreichenden Folgen. Wie schon bei ihrem Einstand vor mehr als fünfundzwanzig Jahren bekommt es die dienstälteste "Tatort"-Ermittlerin (Ulrike Folkerts) in "Du gehörst mir" also erneut mit einem Sexualdelikt zu tun.

Zunächst steht allerdings der brutale Mord an einem Bodybuilder im Mittelpunkt des Geschehens. Die in einem Parkhaus stattfindende Tat wird entsprechend in Szene gesetzt - mit einem ziemlich netten Kniff.

Als herauskommt, dass der junge Mann aus dem Fitnessstudio um die Ecke mit Anabolika gedealt hat, geht das zerstrittene Fahndergespann Odenthal/Kopper erst von einem Drogenmord aus. Ein zweiter toter Pumper bestärkt diese Theorie zunächst. Weil jedoch ein DNA-Abgleich ergibt, dass der Parkhaus-Tote nur wenige Wochen vor seinem Ableben Marie Reinders (Elisa Afie Agbaglah) brutal vergewaltigt und ins Koma geprügelt hat, vermutet die kluge Johanna Stern (Lisa Bitter) nun eine Rachetat.

Immer nur Streit

Anstatt jetzt sofort alle möglichen Täter gewissenhaft in Augenschein zu nehmen, verlieren die Kommissare sich wieder in ihren nervenden Büroscharmützeln - und übersehen bis zum Schluss die Person mit dem einleuchtendsten Motiv. Bevor Stute Odenthal aber ein Licht aufgeht, ätzt sie weiter bei jeder Gelegenheit gegen die attraktive Stern. Die mault zurück. Und Kopper (Andreas Hoppe) hält inzwischen auch nicht mehr seine Klappe. Weil die neue Schnalle stresst, hat er zudem gleich zwei triftige Gründe, sich abends beim Lieblingsitaliener regelmäßig mit Vino und Sambuca zuzuschütten. Ruhe bewahren da nur Büro-Geist Keller (Annelena Schmidt) sowie Kriminaltechniker Becker (Peter Espeloer). Beide tun einem wirklich Leid. 

An einem Denkmal rüttelt man ungern. Aber hätte Dortmund-"Tatort"-Erfinder Jürgen Werner diese unsäglichen Bürokämpfe etwas mehr in den Hintergrund gedrängt, wäre der von ihm ausgedachte Krimi nicht nur ein durchaus passables Stück Fernsehunterhaltung, sondern ein nahezu gelungener Thriller geworden. Werners Wut-Cop-Vorliebe funktioniert aber anscheinend nur im Pott.

Ordentlicher Krimi dank Bild und Ton

Dabei bringt "Du gehörst mir" alles mit, was ein guter Film braucht. Roland Suso Richter ist unbestritten ein renommierter Regisseur, der weiß was er tut. Er hat Kameraleute in seinen Reihen, die Stimmung perfekt einfangen können. So verbreitet der im Hochsommer gedrehte Film komischerweise trotz Licht keinerlei Wärme.

Außerdem wird der ans Bett gefesselten Marie durch kleine Videos, die Freundin Evelyn (Lilly Fichtner) ständig auf dem Smartphone in Endlosschleife in sich aufsaugt, neues Leben eingehaucht. Das ist alles ästhetisch einwandfrei. Sieht man mal vom albernen Rapper (Matthias Weidenhöfer) ab, der mit Goldzahnkauleiste im Mund spanische Rhymes abfeuert und unsterblich in Marie verliebt ist. Sein Song, der von der Melodie zu Schwanensee gespeist wird, zieht sich durch den ganzen Film.

Womit wir beim nächsten Kniff wären. Fast jede Szene ist mit Musik unterlegt, die Koordinator Matthias Klein offenbar äußerst sorgsam ausgesucht hat. So rührt zum Beispiel die samtene Stimme von Bon Iver gleich mehrmals zu Tränen. Ganz besonders dann, als die Ärzte am Ende von "Du gehörst mir" die Maschinen abstellen, die Marie nur noch künstlich am Leben erhalten. Nach dem traurigen Tod von Marie verlässt Odenthal benommen das Krankenhaus. Niemand wartet auf sie. Auch Kopper nicht, der sie in seinem Wagen an der Ampel stehend nicht im Rückspiegel winken sieht. Ein durchaus symptomatisches Bild.

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