Verfall oder nicht? Neue Doku über Nürnberger NS-Gelände

24.11.2017, 16:19 Uhr
Verfall oder nicht? Neue Doku über Nürnberger NS-Gelände

© Steffen Suuck

Herr Suuck, haben Sie biographische Gründe dafür, sich so intensiv auf die Spuren der NS-Bauten zu begeben?

Steffen Suuck: Nein, eigentlich gar nicht. Ich suchte nach einem Thema für meine Bachelor-Arbeit und da sagte mir ein Freund: ,Schau doch mal nach Nürnberg‘ und wir fuhren nach Franken. Für mich als gelernter Historiker war das natürlich eine spannende Sache. Und so baute ich das Thema anlässlich meiner Master-Arbeit dann zu einem Filmprojekt aus. Derzeit sitze ich gerade an meiner Promotion.

Sie veröffentlichen den Film auf einer eigenen Homepage ...

Suuck: Die Sache ist die: Wenn ich die Doku bei Youtube eingestellt hätte, hätte ich keinerlei Einfluss darauf gehabt, welche weiteren Video-Favoriten dazu gestellt worden wären. Hundertprozentig wären da die Propagandastreifen von Leni Riefenstahl in der Nachbarschaft aufgetaucht.

Verfall oder nicht? Neue Doku über Nürnberger NS-Gelände

© Foto: Suuck

Ein Großteil Ihres Films widmet sich den Argumenten für oder wider eine Sanierung, was Sie sehr objektiv mit vielen Gesprächspartnern erörterten. Wie sehen Sie als Auswärtiger die Angelegenheit?

Suuck: Puh, eine sehr, sehr schwierige Frage. Einerseits bewundere ich die Aktivitäten in der Stadt und hoffe, sie schafft es, die 73 Millionen Euro, die eine Sanierung kosten soll, einzuwerben. Selbst wenn sie nur die Hälfte bekommt, sollte sie die Hoffnung nicht aufgeben und vielleicht die Essentials erhalten. Denn Nürnberg ist nicht nur mit dem Doku-Zentrum auf einem sehr guten Weg, sondern auch mit dem ganzen pädagogischen Konzept für das gesamte Gelände.

Andererseits kann ich auch die Position von Hermann Glaser und seinen Mitstreitern sehr gut nachvollziehen, die das Hohle dieser Gigantomanie zum Vorschein kommen lassen wollen, um somit das Gefasel von den "tausendjährigen Bauten" ad absurdum zu führen. Billige Ziegel statt Granit, schnell drauf gekitteter Muschelkalk, der schon zur Bauzeit zu rieseln begann, und eine Natur, die sich heute die Stätten des Protzes und Stechschritts zurückerobert. Denn eines ist klar: All diese Bauten dienten nur einer pseudo-religiösen Gott-Inszenierung, bei der sich einer als Messias stilisieren durfte. Davon eine Ahnung auch nachkommenden Generationen zu geben, macht Sinn. Meine Haltung gibt deshalb wohl am besten der Filmtitel wieder: "Kontrolliert verfallen".

Wird Ihr Film auch in Programmkinos oder bei anderen öffentlichen Vorführungen laufen?

Suuck: Geplant ist da noch nichts und ich habe die Vermutung, dass es da auch rechtliche Komplikationen geben könnte, weil ich mich ja aus frei zugänglichen Archiven bedient habe. Aber ich weiß, dass mein Professor den Film im Januar in eine seiner Vorlesungen einbauen will.

Die 55-minütige Dokumentation "Kontrolliert Verfallen" ist frei im Internet auf der Homepage www.hitlers-ruinen.de verfügbar.

Verwandte Themen


14 Kommentare