Wachskunst und mehr: Inge Gutbrod in Fürth

20.9.2012, 11:26 Uhr
Wachskunst und mehr: Inge Gutbrod in Fürth

© Thomas Scherer

Was bleibt, sind große Räume, hohe Decken und Reste der Tapeten und Wandmalereien. Sehr verblasst, wie ein letztes Echo aus Großväter Zeiten. Das Hochparterre namens „Bühlers“ dient nun als Multifunktions-Veranstaltungs-Galerie (eine passende Bezeichnung, die alle Funktionen unter einen Hut bringt, hat nicht einmal die Besitzerin Sabine Pillenstein gefunden).

Nun also bespielt die Nürnberger Künstlerin Inge Gutbrod mit ihrer Wachskunst unter dem Motto „jelängerjelieber“ die fünf Räume plus Halle, und siehe da: selten passen Kunstwerk und Raum farblich so harmonisch zusammen wie hier.

Inge Gutbrod bastelt Ketten aus rosa Schokolinsen (harte Arbeit, die weißen Linsen muss sie auffuttern), und drapiert sie an die Wände wie alte Telefonkabel, bloß ohne Telefon. Fotografien von Schaufenster- und Nippesfiguren bearbeitet sie am Computer, tunkt sie in Pink oder Weiß und überzieht sie mit einer dünnen Paraffinschicht. So wirken die Kitschmotive noch überzuckerter, gleichzeitig aber auch entrückter, da verschwommen. Konturen weichen auf, die Plastizität verliert sich im Nebulösen.

Konkreter geht es mit dem titelgebenden „jelängerjelieber“ zu, da durchbohren drei Stangen, bedeckt mit Wachsringen unterschiedlichen Umfangs, die Wand und bespielen zwei Räume gleichzeitig. Reminiszenzen an die schwüle Freudenhaus-Ästhetik der siebziger Jahre strahlen die Leuchtobjekte „Lovesong“ aus: kreisrunde Paraffinscheiben in Rot, Orange, Gelb und Pink, die durch eine dahinter befindliche Kaltlichtlampe zum Glühen gebracht werden.

Das beruhigt die Gemüter oder regt sie wahlweise an. Denn die in Kräuseln erstarrte Paraffinschicht strahlt gleichzeitig die Aura des Glibberigen aus. Jetzt noch Serge Gainsbourgs „Je t’aime moi non plus“ aus dem Lautsprecher, und die Sache wäre perfekt!

Überhaupt treibt Inge Gutbrod ihr Spiel mit den Sehschwächen und -schärfen des Publikums. Weiße Silhouetten von Vasen auf rotem Grund erscheinen hinter Milchglasscheiben aus der Nähe verschwommen, gewinnen aber aus der Ferne betrachtet an Schärfe.

Ebenso nutzt Gutbrod die Lichtverhältnisse der Raumfluchten und lässt gelbe Wände durch Beleuchtungseffekte fast violett erscheinen.

Also, kein Grund, den Optiker aufzusuchen!

Bis 11. November; Bühlers, Königswarterstr. 22, Fürth; geöffnet Mi.–Fr. 11–15 Uhr.

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